Peter Bjorn & John im Festsaal Kreuzberg, Berlin


Mission Pfifdistanz: Die Schweden spielen sich frei vom Gemeinsamer-Nenner-Hit.

Im Hof des Festsaals ist neben Englisch viel Schwedisch, aber auch Spanisch, Polnisch, sogar Walisisch zu hören. Das Publikum ist bunt gemischt: Junge Frauen mit asymmetrischen Frisuren stehen neben verschlufften Gitarrenrockcrn, ein paar Mittzwanziger haben ihre Eltern mitgebracht. Wundern muss man sich nicht über die heterogene Fangemeinde: Ein Gute-Laune-Konsens-Hit, wie ihn Peter Björn & John mit „Young Folks“ hatten, schafft einen gemeinsamen Nenner jenseits gängiger Pop-Allianzen. Auf dem neuen Album LIVING THING arbeitet sich die Band an diesem Hit ab, indem sie demonstrativ Schluss mit Indie-Niedliehkeit macht und sich von ihrer experimentierfreudigen Seite zeigt. Vor den Kopf stoßen wollen die netten Schweden trotz Identitätssuche aber niemanden, das wird live schnell klar. Unbelastet von Erwartungen lassen sie ihren Instinkten freien Lauf und reißen das Publikum einfach mit. Sänger Peter Metren gibt mit aufgeknöpftem Hemd den Gigolo-Zappelphilipp, Drummer John Eriksson ackert im Stehen und hebt immer mehr ab, während Bassist Björn Yttling das Ganze erdet. Nichts davon zu spüren, dass das Kölner Konzert am Vorabend wegen Krankheit abgesagt hat werden müssen. Mal klingen sie krawallig wie die jungen Who, mal minimalistisch wie die White Stripes. Dann wieder ist ihnen keine Instrumentalpassagefett genug. Das Publikum freut sich nicht nur über den leichtfüßigen Indie-Pop, dessentwegen viele wohl hier sind. Altes verschmilzt mit Neuem, Obskures wird ebenso gefeiert wie die Hits. Als nach gut einer Stunde dann ganz beiläufig „Young Folks“ kommt, sorgt das gar nicht mehr für viel zusätzliche Euphorie: Die Leute haben sich längst auch ohne gemeinsamen Nenner glücklich gehüpft. In die Zugabe „Up Against The Wall“ bauen die drei dann ein manisch aufgeladenes Joy-Division-Intermezzo ein. Es muss nicht immer ein Hit sein. Manchmal reicht es, das Beste aus allen Welten zusammenzuführen.

Albumkritik ME 4/09

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