Pete(r) Doherty


Das Songwriting-Genie brilliert im Berliner Postbahnhof. Das Münchner Backstage geht dagegen leer aus.

In München gab’s das Übliche mit individuellen Erweiterungen: kein Pete – oder wie er sich gerne nennt, wenn er soliert: Peter – Doherty, aber jede Menge Gerüchte. Von Polizeiautos, die tagsüber den Veranstaltungsort in Schrittgeschwindigkeit umkreisten, spricht die Presse, von Beamten, die kurz den Dialog mit dem Musiker suchten und von einem Taxi, das anschließend vor der Halle hielt, Doherty einpackte und gen Nirgendwo verschwand. Das Konzert fiel aus, wird aber angeblich nachgeholt. Das Wort „angeblich“ taucht ohnehin oft auf, wenn es um Doherty geht und eine noch zu bezahlende Geldstrafe und den Einbruch in ein Regensburger Musikgeschäft. Man weiß nichts Genaues nicht.

In Berlin wusste man dagegen ganz genau, was man zu denken hatte: Endlich mal ein Doherty-Konzert, bei dem alles stimmt. Eine gute, wie wild gemischte Setlist inklusive ein paar Songs, die man wohl nur dann kennt, wenn man zu jener Schar von Fans gehört, die seit Libertines-Zeiten jede Bootleg-Veröffentlichung, jedes neu bei YouTube hochgeladene Video mitverfolgen. Ein Zugabenblock, der die schönste Live-Version von „Albion“ bevorratet, die es in den vergangenen Jahren zu hören gab. Gut, ganz nüchtern ist der 32-Jährige nicht, aber bitte, ist das ein Grund zur Sorge? Die beiden Tänzerinnen, die zuletzt immer etwas deplatziert wirkten, haben offenbar geprobt. Sie wirbeln kühl-elegant über die Bühne, vollführen gegen Ende so eine Art Bändertanz mit Pop-Art-Union-Jacks. Ein gutes, textsicheres Publikum, an der Bar lehnt lässig Herbert Grönemeyer. Insgesamt schon erstaunlich, wie Doherty es schafft, alleine mit seiner Gitarre einen ganzen Abend zu tragen und wie gut es ihm gelingt, Libertines-Hits wie „What A Waster“ und „Can’t Stand Me Now“ mit seinem Babyshambles-Material, vor allem aber den Songs seines auch schon wieder leicht angealterten Solo-Debüts Grace/Wastelands zu vereinen. Armes München!