Pia Lund


Sie ist eine Frau mit Vergangenheit. Doch für Pia Lund zählt die Gegenwart.

Das berühmte Blatt vor dem Mund ist ihre Sache nicht – Pia Lund, ehemalige Gattin von Phillip Boa und Mitstreiterin in dessen Voodooclub, spricht Klartext; zum Beispiel über ihren Ex-Ehemann, von dem sie im Interview nur noch als „Herrn Boa“ spricht: „Der lebt überhaupt nicht mehr in der Realität. Er ist so unheimlich Nietzsche-angelehnt, liest immer wieder dieses Anthony Burgess-Buch ‚Fürst der Phantome‘. 30 Mal hat er das bestimmt gelesen, und der lebt das wirklich.“ Starker Tobak. Fast schon erschrocken vom eigenen, heftigen Gefühlsausbruch beeilt sich die Sängerin, die geschäftlich nach wie vor mit Boa in Verbindung steht und ihre Musik in dessen Verlag „Film Noir“ editieren läßt, das Gesagte zu relativieren. Drei Jahre nach privater Trennung und überstandenem Rosenkrieg findet sie nun auch wieder gute Seiten an Phillip: „Ich kann mit ihm noch über Musik und übers Geschäft reden. Er hat einen großen Gerechtigkeitssinn. Und er ist kein schlechter Mensch.“

Soviel zum Ex. Beschäftigen wir uns lieber mit der Gegenwart, die sich in Pias erstem eigenen Album, „Lundaland“, manifestiert. Aufgenommen im sagenhaften Can-Studio im rheinischen Weilerswist, bietet die Platte federleichten Elektropop mit engelsgleichem Gesang und Melodien, die grazil und elfengleich aus den Boxen tanzen. Auf die musikalische Welt ihres „Lundaland“ ist Pia mächtig stolz. Und sie bezieht aus dem Solodebüt das Selbstbewußtsein, mehr Frauenpower in der heimischen Poplandschaft anzumahnendes ist an der Zeit, daß auch in Deutschland Frauen mal etwas Anspruchsvolles auf die Beine stellen. Ich wüßte nicht eine in Deutschland, die das geschafft hat. Sie sind entweder in Bands oder tragen Lederhosen und machen auf Rockröhre. Dabei prahlen sie mit ihrem Feminismus und erreichen das genaue Gegenteil. Und dann gibt’s da noch die Popsternchen, die zu jeder Gelegenheit die Bluse öffnen und ihre Titten zeigen, um Platten zu verkaufen. Ist doch grausam.“ So couragiert die zweifache Mutter auch wirkt, Pia ist Realistin genug, um ihre Chancen auf dem Popmarkt richtig einschätzen zu können: „Ich bin blond, und ich bin hübsch. Also werde ich es nicht leicht haben. Du mußt als Frau eben doppelt soviel leisten.“