American Beauty :: Losgelöst, Start: 20.1.
Was haben sie Hollywood denn ins Essen getan? Unmittelbar nach FICHT CLUB und THE SIXTH SENSE folgt mit AMERICAN BEAUTY ein dritter filmischer Triumph, losgelöst von alten, verbrauchten Formeln, der sich allen einfachen Beschreibungen entzieht. Ja, es ist eine Komödie über einen tragischen Mann in der Midlifekrise, der von seiner plötzlichen Obsession für eine verführerische Lolita wieder für das Leben wachgerüttelt wird. Aber diese Storyline ist bestenfalls ein grober Leitfaden für diesen faszinierend vielschichtigen Film, der mit Klischees beginnt, sie dann aber im Verlauf sorgfältig entblättert und den Blick freigibt auf verwundete Seelen voller Sehnsüchte und verschütteter Emotionen. Was sind die Klischees? Da ist der 42jährige Lester Burnham, ein suburbaner Jedermann-Spießer. Da ist seine aufgetakelte Frau Carolyn, eine Immobilienmaklerin, die stets so viel gute Laune versprüht, dass man unweigerlich Depressionen bekommen muß. Und da ist ihre verunsicherte Teenager-Tochter Jane, die beide Eltern schrecklich findet und ihren eigenen Platz sucht -jenseits der bedrückenden Vorstadt-Konformität. Eine perfekte Sitcom-Familie in einer perfekten Sitcom-Welt mit perfekten Sitcom-Problemen. Aber Drehbuchautor Alan Ball, selbst Sitcom-erfahren („Grace , „Cybill ), hält keine einfachen Antworten für ihre Probleme bereit, sondern bestenfalls Ambivalenz das große No-No für TV-Unterhaltung. In den ersten Bildern zeigt Sam Mendes ein 33-jähriger Brite, der bislang als Theaterregisseur für Furore sorgte – den Antihelden Lester (Kevin Spacey mit einer tragikomischen Darstellung wie Jack Lemmon in besten APPARTMENT-Tagen) beim Onanieren unter der Dusche der Höhepunkt seines Tages, wie er im Off-Kommentar kundtut, nur um danach zu erklären, er habe nur noch ein Jahr zu Leben. Was wird passieren, ist die Frage, die man sich eingangs stellt. Doch sie wird schnell verdrängt vom Interesse für bestechend gezeichnete Figuren und dem Amüsement über Lesters albernes Verhalten, sich gegenüber der aufreizenden Angela als junggebliebener Stenz zu gebärden: Er schmeißt seinen Job, hört alte Rockmusik, benimmt sich renitent und kauft Dope vom Nachbarjungen Ricky. In diesen, den sonderlichen Sohn eines gewalttätigen Ex-Marines, der seine gesamte Welt auf Video aufzeichnet, verliebt sich Lesters Tochter Jane. Wenn der Film schließlich auf die unausweichliche Katastrophe zusteuert und alle Beteiligten plötzlich Seiten offenbaren, die man nicht vermutet hätte, ist die Liebe der beiden der Strohhalm der Hoffnung, an dem man sich klammern kann. Ein gelungener Coup, denn Ricky und Jane sind die einzigen, die sich nicht von der beklemmenden Welt haben vereinnahmen lassen. Früh führt Ricky Jane ein Video vor, in dem er das Schönste zeigt, was er jemals gesehen hat: eine Plastiktüte, die im Windwirbel auf und ab tanzt. Was meint er damit, fragt man sich. Am Schluß von AMERICAN BEAUTY versteht man ihn – und weint um die verlorene Unschuld der einsamen Figuren des Films. Start: 20.1.
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