Ani DiFranco – Educated Guess

Der Widerspenstigen Zähmungwill und will nicht gelingen. Seit mittlerweile 15 Jahren versucht das Establishment jetzt schon, Ani DiFranco auf Kurs zu bringen, sie den Spielregeln des Musikmarktes unterzuordnen, doch an der Independent-Ikone haben sich bislang noch alle die Zähne ausgebissen. Auch auf ihrem neuen Album behält Di-Franco wieder die Fäden in der Hand, sie lässt sich nun mal nicht gern von anderen dreinreden, educated guess entstand völlig in Eigenregie. In einer kleinen Hütte bei New Orleans und daheim in Buffalo nahm die 33-Jährige mit einer simplen 8-Spur-Maschine alle Lieder alleine auf. Sie zeichnet für alle Vokalparts verantwortlich, spielte sämtliche Instrumente selbst ein und kontrollierte sogar zum ersten Mal die komplette Produktion eines Albums von der Aufnahme bis zum Endmix. Das Resultat dieses Alleingangs kann sich hören lassen. Zum spröde-sperrigen Alternative Folk singt die Amerikanerin von den politischen und kulturellen Auswüchsen ihrer Heimat LAnimal‘ und von eigenen Erfahrungen mit den Schattenseiten der Liebe. Die offen bisexuell lebende Künstlerin berichtet von den Zeiten, in denen die Liebe wie eine Seifenblase zerplatzt („Bubble“, sie schlüpft in die Rolle einer Amazonenkriegerin, die auf dem Feld der Liebe Blessuren davonträgt „Origami“ und erzählt von allzu fordernden Partnern, die jedes amouröse Gefühl mit ihrer Unersättlichkeit ersticken („Bodily“). Das klingt zwar alles ganz schön desillusioniert. Dennoch: Solange es so kompromisslose Freigeister a la Ani DiFranco gibt, muss einem um die Musik nicht bange sein.