Ariel Pink’s Haunted Graffiti :: Before Today

4AD/Beggars/Indigo

Ein psychedelisches Meisterwerk des Garagenpop? Oder doch nur einen besonders tollen Trip gehabt, gestern, in deinem Carport?

Löchern Sie doch seinen Laboranten! Sich bei einem Weirdo wie Ariel Pink auf den mutmaßlichen Wirkstoffkonsum zu konzentrieren, ist weder besonders erbaulich, noch bringt es einen weiter in der Bewertung seines Werks. Nehmt Drogen zu Musik, nehmt Drogen und macht Musik, nehmt unter Drogen Musik auseinander und baut sie neu zusammen – aber nervt nicht herum mit den zwölfeinhalb Klischees, die es zu Musik herauszutröten gibt, bei der „die doch hundertprozentig total drauf waren“! Auch das Label Lo-Fi lassen wir bitte mal stecken. Lo-Fi-Musik kommt von dort, wo nie einer aufräumt, und klingt scheiße. War da noch was? Der eingetragene Homerecorder Ariel Pink ist für sein 4AD-Debüt mit seiner Band Haunted Graffiti jedoch in ein richtiges Studio gegangen. Gut, die meisten Leute werden sagen: „Klingt aber immer noch scheiße.“ Doch dieser gegen die Wand gedrückte, dumpfe, mit zischelnden Höhen durchzogene Sound ist kein Selbstzweck, sondern erfüllt einen. In etwa den: Während die Strokes im Video zu „Last Nite“ aussehen wie eine Band, die so tut, als würde sie in einem 70er-Jahre-Fernsehstudio performen, klingen Haunted Graffiti auf BEFORE TODAY, als hätten sie es tatsächlich geschafft, zurück an diese furnierholzvertäfelten Orte zu reisen. Dort angekommen, findet Ariel Pink nach bereits 500 oder auch schon 600 aufgenommen Stücken, in denen die melodieduseligen UKW-Radio-Geister nächtelanger Überlandfahrten schon immer ihr Unwesen trieben, sich aber immer wieder in Pinks Hang zum Diffusen verloren, Wege zu einer Popmusik, die als Antwort auf alle Sehnsüchte Songs findet – richtige Songs. Diese Songs wachsen zwar manchmal noch psychedelisch aus, haben aber auch keine Scheu mehr, sich von hinten zum Beispiel an Olivia Newton-John heranzumachen. Wieso von hinten? Bleiben wir im Bild: Haunted Graffiti sind nun also diese wandlungsfähige, aber auch seltsam zwielichtige Fernsehstudioband in den 70er-Jahren, spielen dort das Backing für alle möglichen Stargäste, von Todd Rundgren über Jeff Lynne bis hin zu Suicide (Wer hat die denn eingeladen?), und saugen diese schließlich einfach auf. Ein nimmersattes Monster, das sich alles einverleibt. Ein sehr sehnsuchtsvolles Monster obendrein, und – wenn man Ariels Texte hört – auch ein immer noch deprimiertes und ziemlich verirrtes. Und dabei ruft diese Musik doch: „Lauf ins Licht, Carol-Anne!“ (Bitte eigenen Namen einsetzen!)

www.arielpink.com