Badly Drawn Boy – About A Boy :: Die Platte des Monats

Will Freeman könnte mit dem Badly Drawn Boy bestimmt nichts anfangen. Er steht trotz seines für Popverhältnisse gesetzten Alters von 36 Jahren eher auf Toughes wie Snoop Doggy Dogg oder Nirvana. Seine Bruce-Springsteen-Sammlung hat Freeman längst verkauft. Das wiederum ist wohl so ziemlich das Abwegigste, was Damon Gough einfallen würde. Damon verehrt Bruce Springsteen, und sollte jemand etwas Verzweifelndes in seinen eigenen, gemeinhin versöhnlichen Stücken hören, dann ist es sicherlich die leise Verzweiflung darüber, dass es ihm nach eigenem Ermessen nicht gelingen mag, derart großartige Songs wie „The Boss“ zu schreiben. Dem würde Hugh Grant wiederum wohl glatt widersprechen, besagt doch ein wie von einer in Synergieeffekte vernarrten PR-Agentur erdachtes Gerücht, dass Hugh seinerseits ganz vernarrt ist in die Musik von Badly Drawn Boy.

Überfordert? Zu viele offene Fragen, zu viele Namen für den Anfang? Also lösen wir es auf: Will Freeman ist die Hauptfigur im Nick-Hornby-Bestseller „About A Boy“, der jüngst verfilmt wurde und im August 2002 in deutsche Kinos kommen soll. Damon Gough alias Badly Drawn Boy hat die Musik für diesen Film geschrieben; und Hugh Grant spielt die Hauptrolle in „About A Boy“, er gibt den Will.

Dass von hier an eigentlich kein weiteres Wort mehr über diesen Film verloren werden müsste (auch wenn die Songs auf der Platte textlich mit der Geschichte korrespondieren], spricht Bände über dieses Album. Nein, ABOUT A BOY wird die Geschichte des Soundtracks nicht revolutionieren – das hat aber selbst Simon & Garfunkeis THE GRADUATE nicht getan. Der knuffige-verkniffene Wollmützenmann wird wohl überhaupt nie irgend etwas revolutionieren – die Selbstdefinition seines Tuns, „Future Folk“, verspricht schon fast zu viel. Doch Badly Drawn Boy hat mit ABOUT A BOY ein rundes, reiches Album geschaffen, das von einem Film nichts zu wissen braucht. Ein wunderschönes Stück Popmusik aus einer alten Welt für einen hoffentlich nicht minderwunderschönen Frühling.

ABOUT A BOY schwelgt schon, wo Will Freeman (überhaupt, was für ein Name!] noch hadert, fügt sich milde, wo das Leben der Akteure noch in Trümmern liegt. Zwischen Songs, die im Gegensatz zu manchen Skizzen von Goughs zu Recht gefeiertem 2000er-Longplay-Debüt THE HOUR OF BEWILDER-BEAST so gar nichts mehr Verhuschtes haben, wollen vor allem die für einen Film unerlässlichen instrumentalen Kleinode funkeln und strahlen – Fingerpicking, Glockenspiel und Streicher garnieren sich gegenseitig je nach Durchmesser der eigenen sentimentalen Ader gefährlich oder angenehm nahe am Kitsch. Nur das aufdringlich-funkige „S.P.A.T.“ will so nachdrücklich aus dem Rahmen des Soundtrack-Albums fallen, dass es dies mit Pauken und Trompeten, Orchestersampling und oller Beatbox dann auch tut.

Aber „S.P.A.T. ist nur ein Ausreißer wie es ihn unter den kompletten Songs von ABOUT A BOY nicht gibt. Vielmehr gelangen dem begnadeten Eigenbrötler in der holzgetäfelten, immer gut gelüfteten Welt des Singer/Songwritertums zwischen Elvis Costello und Ben Folds, zwischen Joe Jackson und Randy Newman ein paar Song-Klassiker der Zukunft. Das bittersüße „Above You Below Me“ zum Beispiel, das da taumelt und wirbelt in einem wahrhaftigen Film-Orchesterarrangement, das von aufziehendem Sturm kündet. „River, Sea, Ocean“, welches auf einem hinreißenden kleinen Kanon von Gitarren und Chorgesang auf Zehenspitzen tänzelnd in die Ferne schweift: „Far away, let it go, far away…“, singt Badly Drawn Boy. Dann: „A Minor Incident“. Das ist nacktes, reines, traditionelles, absolut bestechliches Storytelling mit Gitarre und Mundharmonika. Und auch „Something To Talk About“ wird wohl ein kleiner Klassiker seines Genres (hier vielleicht aber eher ein Klassiker des Country-Folk-Pop), wie es da so auf gut Kumpel schlank und unspektakulär daherschlendert, um einen ohne viel Aufhebens warm und herzlich in die Arme zu nehmen.

www.badlydrawnboy.co.uk