Bauhaus – Go away white
Es war nie sonderlich schwer, Bauhaus nicht ernst zu nehmen: Das Gemenge aus Posen, Zitaten, Großgesten und Wichtiggetue, das sie in den Jahren 1979 bis 19S3 veranstalteten, roch immer sehr künstlich, sah besser aus, als es klang, und war verglichen mit Konkurrenten wie (den frühen) Adam &The Ants, Siouxsie and the Banshees, Joy Division und Japan entschieden zweitklassig und derivativ-ihr größter Hit war nicht umsonst ein David-Bowie-Cover. Wenn sich eine solche Band nach vielen ehrbaren, kommerziell nicht eben millionenträchtigen Solo- und anderen Projekten wieder vereint, liegt der Gedanke an den Klingelbeutel nicht fern, aber schon die Vorankündigung, das Album sei in 18 Tagen in der sonnigen Kleinstadt Ojai an der kalifornischen Küste entstanden, enthalte ausschließlich First Takes und sei der definitive Abschiedsgruß der Band (ohne Tournee etc.), klang doch eher wagemutig. Und dann bleibt einem beim Hören vor Staunen der Mund offen: Schon die ersten zwei Songs auf Go away white knallen dermaßen primitiv, zynisch und spaßig, als hatte David Bowie mit den Stooges ein hypermodernes Dance-Rock-Album aufnehmen wollen. Mit „Undone“ feiert das Pathos der 8oerjahre ein Comeback, und hätten die damals so geklungen, wünschten wir sie uns sofort zurück. Es wird experimentiert, probiert und frei assoziiert, ohne Konzept und Grenzen, spannend, erfrischend, charmant, perfekt heutig und erfüllt von pulsierender Aufbruchsstimmung, ohne Glanzpolitur-selbst Peter Murphys Stimmüberlastungshusten blieb auf dem Band, und trotzdem wirkt nichts halbgar/unfertig. Spätestens bei der trümmermelancholischen, wild mäandernden, salzseeweiten Ballade „Saved“ muss man eine Entscheidung treffen: Entweder man verweigert sich und hält das alles für unnützen Blödsinn, oder man öffnet die Ohren und das Herz und lässt sich hineinsinken in eine große, unwiderstehliche Leere, an deren triumphalem Ende man sich wünscht, Bauhaus würden jetzt nicht aufhören, sondern erst richtig anfangen.
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