Ben Folds Five – Ben Folds Five

Der lange Schlaks hämmert wuchtige Akkorde in seinen Flügel, bearbeitet das teure Instrument mit dem ganzen Körper, dann wieder klimpert er die hinreißendsten Melodien. Und bald haben alle im Saal dasselbe breite Grinsen auf dem Gesicht wie der Mann da am Klavier. Bei Ben Folds Five bleibt kein Auge trocken. Was einem da von der Bühne entgegenschlägt, ist pure Lebensfreude, schräger Humor und ein bißchen Wehmut im Knopfloch. Aber Moment mal: diese Musik? Da hört man doch ganz deutlich Billy Joel tönen? Elton John hört man da raus, und sogar ein bißchen Supertramp… Darf man sowas in den 9oern eigentlich gut finden? Ja, man darf. Zwar benennt Ben Folds Jimi Hendrix als seine größte Inspiration, trotzdem: er muß den ganzen Plattenschrank vollstehen haben mit Joel, John, dazu etwas Joe Jackson und Scott Joplin und muß so manches Broadway-Musical im Ohr haben. Mit seinen beiden Freunden Robert Sledge und Darren Jessee (Ben Folds Five sind in Wirklichkeit ein Trio) vollzieht er den vielgepriesenen und noch mehr zu preisenden Ausbruch aus der Alternative-College-Rock-Norm: wo sonst Gitarren lärmen, hämmert hier ein Steinway-Flügel. Doch der „gitarrenlose Rockband“-Gimmick wäre eben nur ein solcher, hätten die drei Fünf nicht Songs, die man nurmehr schwer aus dem Ohr kriegt, würden sie nicht mit dieser entwaffnend rotznäsigen Frische ans Werk gehen. Grandiose Popsongs, mal rumpelnd-trashig (‚Jackson Cannery‘, ‚Julianne‘, ‚Underground‘) mit leicht windschiefen Dreigesängen, mal hektisch swingend (‚Sports & Wine‘), fast klassische Pianoballaden (‚Boxing‘) – unterm Strich eine Platte ohne die kleinste Andeutung einer Nullnummer, hemmungslos altmodisch, doch irgendwie auf der Höhe der Zeit. Und so sympathisch uncool wie ein hochroter Kopf beim Abmachen des ersten Dates.