Bill Laswell, Carlos Santana :: Divine Light

Bill Laswell dekonstruiert Carlos Santana und den HipHop.

Der Mann mit den tausend musikalischen Gesichtern hat wieder zugeschlagen. Zwei Alben von Carlos Santana hat Bill Laswell unter seinen Remixer gelegt. Und war zuvor mit seiner Band in progress, Praxis, in Warschau auf der Bühne, um radikale HipHop-Dekonstruktionen zu predigen. Beide Aufnahmen gehören aber in ihren gegensätzlichen Klang-Ausschlägen mit zum Besten, was sich im unendlichen Laswell-Universum finden lässt. Auf Divine Light, 4 Sterne, hält sich Bill Laswell jedoch mit seinen rauschenden Transformationskünsten zurück, mit denen er bereits anno 1998 mit der elektrischen Musik von Miles Davis die Brücke zwischen den siebziger Jahren und dem Heute baute. Denn die Santana-Jazz-Ergüsse ILLUMINATIONS und LOVE DEVOTION SURRENDER (beide aus dem Jahr 1973), die diesen Remixen zugrunde liegen, entfachen schon ohne irgendeine Nachbearbeitung ein dionysisches Fest zwischen Coltrane’scher Meditation und sich wollüstig austobendem Fusion – mit unter anderen Alice Coltrane und John McLaughlin an Carlos Santanas Seite. Bill Laswells „Reconstruction & Mix Translation“ dieser Aufnahmen ist daher eher eine Suite aus neun Tracks, in denen das Rock-Jazz-Magma in schillernd leuchtenden Trance-Farben glüht. Unter Zuhilfenahme von ein paar Ambient-Zusätzen und Tabla-Orgien. Handarbeit der panoptischen Art liefert Bill Laswell hingegen mit seiner Band Praxis auf der LP Warsaw, 5 Sterne, die auf dem neuen Label des Meisters, Innerhythmic, erschienen ist. Mit Schallgeschwindigkeit zerlegen Gitarrist Buckethead – neuerdings in Diensten von Axl Rose bei Guns N‘ Roses -, zwei Höllenhunde an Scratch-Mastern und Drum-Berserker Brain jeglichen Konsens über den Groove. Und steigern sich mit Laswells stoischem Schmiede-Basshammer in ein infernalisches Gebräu, das keine Angst vor Metal-Attacken kennt. Das ist herrlich manische Kunst.