Bill Laswell – Charged Live

Gibt es immer wieder: Die Geschichte mit dem „one wrong track“, der ein ganzes Album aus der Unentschlossenheit reißt. Nach gut 45 Minuten setzen auf Charged Live ein gefährliches Bassbrummeln und ein Kratzen auf dem Becken ein, die „Overloaded Lila“ annoncieren: ein archaisches Afro-Jazz-Werk von grandiosen Ausmaßen. Gut 16 Minuten verbleiben dem Hörer, sich in die manischen Vokal-Schleifen von Maleem Mahmoud Ghania und den Gnawa Musicians Of Morocco einwickeln zu lassen. Der Bass von Laswell (wie sagt man so: Produzenten-Legende?) scheint sich in den Bauch des Songs zu verkriechen, die Beats bleiben tragend. Dagegen wirkt der Rest des Albums doch aufreizend frickelig: Turntable-Soli gehen in kurze perkussive Exkursionen über, Surf-Gitarren dürfen lernen, wie es sich in einem Drum-Workshop anfühlt, Free-Jazz-Pieces wachsen sich zu ordentlichen Soundscapes aus, und am Ende erkennt man den Anfang nicht wieder. All die stilistischen Tricks, die Laswells Studio-Produktionen auszeichnen, tauchen auf diesem zwischen 1999 und 2002 in Japan, Deutschland und Holland live aufgenommenen Album wieder auf. Man könnte sich jetzt eine schlaue Struktur-Kritik zur Improvisation einfallen lassen, man kann aber auch hingehen und einfach nur die Mitstreiter und ihre Referenzen aufzählen, das sollte Laswellianern genügen: Eraldo Bernocchi (Mick Harris, Jungle Brothers), Toshinori Kondo (DJ Krush, U.F.O.), Hamid Drake (Peter Brötzmann, Ken Vandermark), Aiyb Dieng (Herbie Hancock), DJ Disk (Rock Steady Crew. Primus).

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