Billy Bragg :: Reaching To The Converted

Den aufrechten Pop-Sozialisten Billy Bragg vorzustellen, hieße Eulen nach Athen tragen. Doch das auf dieser Kleinod-Sammlung enthaltene Material dürfte selbst den meisten Fans noch nicht zu Ohren gekommen sein. Schon das bis dato unveröffentlichte „Shirley“ macht klar, welche Schätze noch in Billy Braggs Archiv schlummern. Dieser straffe und lediglich mit Johnny Marr eingespielte Rock-Ohrwurm zeigt die Qualitäten des Engländers: schnörkellose und klare Melodien, vorwärtsdrängende Folk-Ungeduld und vor allem Aufrichtigkeit. Was noch? Den Rest des Albums füllen fast ausnahmslos Single-B-Seiten: Mit seiner damaligen Band Red Stars gelang Billy Bragg 1992 nicht nur der feine Midtempo-Pop „Sulk“, sondern auch eine ordentlich antreibende Fassung von „Accident Waiting To Happen“. Und die nur mit Pianobegleitung dargebotenen Balladen „Heart Like A Wheel“ und „Wishing The Days Away“ lassen den Wunsch aufkommen, Bragg würde viel öfter seine weiche Seite herauskehren. Was er zumindest auf den Beiträgen dieser Compilation auch tat: Denn seine linkische Zärtlichkeit trifft einfach voll ins Herz, wenn er mit der naiven Verliebtheit eines Schuljungen den Love-Song „Ontario, Quebec And Me“ anstimmt. Als stille Kostbarkeiten funkeln das unprätentiöse „Walk Away Renee“ und die beiden Coverversionen „The Tatler“ (Ry Cooder) und „Jeane“ (The Smiths). Wenn Billy Bragg da mit harsch-kratziger Gitarre und aus voller Kehle ans Werk geht, vergißt man die Originale schnell. Daß allerdings ausgerechnet der Beatles-Evergreen „She’s Leaving Home“

einer von Billy Braggs größten Hits wurde, kann man nur als Ironie des Schicksals bezeichnen.