Blind Faith – Blind Faith Deluxe Edition :: Rock: Die Supergroup

1969 zeichnete sich eine Wende ab. Nachvollziehen lässt sich der gesellschaftliche und künstlerische Umbruch jener Ära exemplarisch an einer Formation: Blind Faith. Das einzige, musikalisch herausragende Album des mit viel Vorschusslorbeeren gegründeten Starensembles liegt jetzt nach mehr als 1 30 Jahren in erweiterter Form vor. Die Blind Faith Deluxe Edition ist um neun Bonustracks ergänzt, kommt als 2-CD-Set im Originalcover und beleuchtet im Booklet den durch windige Geschäftemacherei initiierten Auf- und Niedergang eines vielversprechenden Musikerkollektivs. Der von knapp 24 intensiven Monaten mit dem Bluesrocktrio Cream gestrauchelte Ausnahmegitarrist Eric Clapton zog sich Anfang 1969 in sein neuerworbenes Anwesen in Surrey zurück. Dort brachte er dem Akustikästheten Marc Bolan gelegentlich Tricks auf der E-Gitarre bei, oder beschäftigte sich mit seiner Plattensammlung. Neben ewigen Bluesgöttern fanden vor allem Buddy Hollys simple Songs und das gerade erschienene Debüt von Bob Dylans Begleitensemble The Band, MUSIC FROM BIG PINK, sein Gehör. Ein derart facettenreicher, erdiger Stil schwebte Clapton auch für seine eigene Musik vor. Hin und wieder suchte Steve Winwood, genervt von den ewigen Eifersüchteleien seiner Kollegen von Traffic bei Clapton Zuflucht. Die beiden Musiker kannten sich seit einer kurzen Episode im Februar 1966, wo sie unter dem griffigen Kürzel Powerhouse drei Blues-Standards einspielten. Erste spontane Sessions erwiesen sich als vielversprechend. Zumal sich der eines abends eher zufällig dazu gesellende Ginger Baker in seiner dominanten Art einklinkte, weil er eine Chance sah, mit Blind Faith den Erfolg von Cream mit anderen Mitteln fortzusetzen. Doch weder den tra umatisierten Clapton, noch den zurückhaltenden Winwood zog es zurück in die Starmaschinerie. Ihnen lag vielmehr an der Entwicklung einer eigenen künstlerischen Identität, wenn es sein musste, auch ohne kommerziellen Erfolg. Beide wagten es aber nicht, Ginger Baker einfach „nein“ zu sagen. Andererseits gab es nur wenige versierte Schlagzeuger wie den Jazz-geschulten Baker. Erste Aufnahmen mit Toningenieur Andy Johns entstanden im Februar 1969 in den Londoner Morgan Studios, darunter auch eine angejazzte Version von Buddy Hollys „Well All Right“ und die erdige, von The Band inspirierte Clapton-Komposition „Presence Of The Lord“. Winwood fungierte als Organist, Pianist, Teilzeit-Gitarrist und hauptamtlicher Vokalist, dessen RayCharles-inspirierter Gesang bei dem souligen, jazzvertrackten Material deutlich hervorstach. Bei einem abermals von Andy Johns geleiteten Sessionmarathon entstanden am 2. März vier jeweils über zwölf Minuten lange Instrumentalstücke. Die mit Gastpercussionist Guy Warner eingespielten, auf Silberling Nummer zwei enthaltenen Improvisationen klingen ein wenig nach Bakers späterer Formation Airforce. Schließlich wurde auf Drängen Winwoods ein weiterer Musiker gesucht. Aufgrund von Empfehlungen entschied sich das Team für den versierten Bassisten und Geiger Rick Grech. Ende Mai wurden dann die Manager Robert Stigwood und Chris Blackwell extrem unduldsam und übten vehementen Druck auf ihre Schäfchen aus – die Musik, die sie hörten, das wussten sie instinktiv, ließ sich definitiv nicht vermarkten. Allzu vorlaut und viel zu früh hatten die beiden die Supergroup für August 1969 mit US-Konzertterminen in der Musikpresse angekündigt. Schnell ordnete das Dollarzeichen witternde Managerteam in den legendären Olympic Studios mehrere Sessions an. Bis Ende Juni entstanden neun weitere Songs, darunter der Albumopener „Had To Cry Today“, Winwoods bis heute unveröffentlichtes Elaborat „Time Winds“ sowie die von Ginger Baker verfasste. Graham Bond gewidmete Jazzode „Do What You Like“. Angesichts des selbst auferlegten Termindrucks heuerte ein nun leicht in Panik geratener Chris Blackwell den Stones- und Traffic-Produzenten Jimmy Miller an. Zwei weitere Titel spielte die Crew in Alternativtakes ein: Auf Claptons ’88er CROSSROADS-Kollektion fand sich der unveröffentlichte Sam Myers-Blues „Sleeping In The Ground“, auf Winwoods ’95er Box „The Finer Things“ die ebenfalls zuvor nicht erhältliche elektrifizierte Fassung von „Can’t Find My Way Home“. Die Songs sind in jeweils unterschiedlichen Versionen auf CD 1 zu hören. Ungeklärt bleibt allerdings der Verbleib zweier weiterer Sessionauszüge: Auf einer 1995 erschienenen Ausgabe von Blind Faith hängten den sechs regulären, Tracks noch die, zugegebenermaßen, qualitativ eher mittelmäßigen Titel „Exchange And Mart“ und „Spending My Days“ an. Seltsamerweise landeten diese nicht auf der aktuellen Deluxe Edition.

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