Blondie – Livid :: Freudlos

RCA.BMG ARIOLA

Sie liefen einst unter Wave, waren aber nie etwas anderes als Pop. Wie ihre Namensgeberin erschienen Blondie als zweidimensionale Comicfigur, deren Credibility in der Flüchtigkeit lag. Neben massenhafter Verfügbarkeit und Buntheit zeichnete sie auch noch ein weiteres Merkmal aus: völlige Leere, fast wie Fastfood – schmeckt nach nichts, finden aber alle prima. Nach dem nicht einmal unter Ironievorbehalt zu goutierenden Blondie-Comeback fragt man sich, warum so viele Plattenkäufer so etwas wie diese Band zurückhaben wollen. Dafür hat man doch heute talentiertere und hübscher verpackte Hitlieferantinnen. Doch Liebe und Nostalgie gehen manchmal unergründliche Wege. Die späte Geburt ist, wie man weiß, ein schlechter Ratgeber, hier aber der einzig richtige, um richtig zu richten. Die Tragik eines neuen Hits („Maria“) nach langer Pause hat Debbie Harry und ihre Band zu einer Live-Platte bewogen. Aus der Blondine der 70er Jahre mit der markanten Stimme ist ein ältliches Mädchen geworden, das seinen eigenen Kunststoff-Pop auf eine Weise darbietet, als habe es zum Nachtisch eine Übergroße Portion Zuckerwatte gegeben. So rangiert die Derangierte ihr immer noch ungewöhnliches Organ ziemlich weit neben der Spur. Wäre ihre Stimme ein rosa Cadillac und der Song ein Straßenrand, keine Parklücke der Welt wäre groß genug, um das Ergebnis aufzunehmen. Doch wer nur frauenfeindlich redet, der soll schweigen. Eines aber sei trotzdem noch gesagt: Debbie, geh‘ zum Therapeuten. Und nimm endlich die Lockenwickler aus den Ohren.