Blondie – The Hunter
Nach zwei Jahren Pause und geteilten Meinungen über die Solo-Werke von Harry /Stein und Destri nun endlich die neue LP von Blondie: Wer glaubte, die Band hätte ihr Pulver verschossen, der muß sich einmal mehr getäuscht sehen, denn THE HUNTER ist eine durchweg runde Sache und überzeugt sowohl als Musik just for the rnoment für den unvorbelasteten Hörer als auch in der Rolle eines musikalischen Neubeginns, der die einzigartigen Qualitäten der Band in einem individuellen und zukunftsträchtigen Rahmen präsentiert.
Nach der unterhaltsamen stilistischen Zerfahrenheit des Konzeptalbums AUTOAMERICAN und der stellenweise etwas verkrampften Zusammenarbeit von Harry/Stein und Chic auf KOO KOO bringt THE HUNTER eine emotionale Qualität, die in der heutigen Sommerfrische des Pop oftmals vorsätzlich vermieden wird: Aggressivität nämlich. (Natürlich ist THE HUNTER keine Punk: Platte o. Ä., doch bedenkt man, welch ein Publikum Blondie heute hat, so fällt der frische Wind schon auf.) Man kann THE HUNTER durchaus als die wahre Solo-LP Debbie Harrys bezeichnen. Neun der 11 Songs hat sie mitkomponiert, das stimmungsvolle Intro „Orchid Club“ („Even in the drum beat/I will tell the story“) und „War Child“, beide in Zusammenarbeit mit Bassist Nigel Harrison, stehen jeweils am Anfang der Seiten und rücken die Neuerungen ins Blickfeld.
Der Rest der ersten Seite gehört Harry/Stein und ist durchweg gut; das kräftige „Dragonfly“ kombiniert Rap-Elemente mit einer typischen Blondie-AooiÄ/ie, .For Your Eyes Only“ ist von einer fesselnden, zerbrechlichen Schönheit, und „The Beast“ bringt mit gekonnt zitierter 70er-Heavy-Gitarre eine weitere Überraschung.
Seite zwei präsentiert Debbie Harrys Teeny-Gefühle, vertont von Jimmy Destri. Davon am besten: „(Can I) Find The Right Words (To Say)“ -Debbie singt so gut wie eh und je, die richtigen Worte hat sie auch immer gefunden. Schlußpunkt bildet ihre zärtliche Intonation von Smokey Robinsons „The Hunter Gets Captured By The Game“, ein Lied über Verwirrung und Veränderung, dessen Gefühl sie perfekt trifft.
THE HUNTER ist ein Album voll guter Songs, gelungenen Arrangements (Bläser), Persönlichkeit und Courage. Auf die (wahrscheinlich ebenfalls gute) Arbeit von Produzent Mike Chapman kann hier nicht eingegangen werden, denn die Sound-Qualität der Vorab-Kassette ist wie immer mies.
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