Brokeback Mountain :: Eine Imitation des Lebens

Wenn es eines Beweises bedurft hat, daß Madonna alt wird, dann ist es ihre Anmerkung, sie habe die Sexszenen in Brokeback Mountain zwischen Heath Ledger und Jake Gyllenhaal als „schockierend“ empfunden. Nun weiß man nicht, mit welcher Form von Weichspülsex die Ikone der Gay Culture bislang konfrontiert war, aber wenn an Ang Lees bahnbrechendem Film etwas schockierend ist, dann der Umstand, daß an der unmöglichen Liebe zweier Cowboys im Amerika der 6oer Jahre nichts Schockierendes zu entdecken ist. Für den Zuschauer ist es viel mehr schockierend offensichtlich, daß Jack Twist und Ennis Del Mar, die im Jahr 1963 auf dem titelgebenden Berg ein paar Monate lang Schafe hüten, füreinander geschaffen sind – weit abseits von schwulen Klischees: „Ich bin keine Schwuchtel“, sagt Jack, der Sensible, Belesene, nach ihrer ersten stürmischen Nacht im winzigen Zelt miteinander. „Ich auch nicht“, antwortet Ennis, der in sich Gekehrte, Maulfaule mit der kurzen Zündschnur. Beide meinen es ernst, und doch können sie nicht voneinander lassen. Weil sie sich lieben. Auch, als sie nach Brokeback getrennte Wege gehen, heiraten, Kinder kriegen, sich Jahre nicht sehen. Auch wenn sie danach immer wieder zu Angelausflügen an den für sie heiligen Ort ihrer Liebe fahren, von denen sie, wie Ennis‘ Ehefrau bitter feststellt, nie Fische mitbringen, bleibt es doch auch der einzige Ort, an dem sie sich ihre Gefühle zu zeigen trauen: So offen und endlos das Land sein mag, so eng und unmöglich zu manövrieren ist die Welt, in der sie leben. Die Liebenden scheitern an der Gesellschaft, aber auch an sich selbst: Angst essen Seele auf. Ang Lee mag sich bei der Ikonographie des Westerns bedienen, die ja reich an homoerotischen Anspielungen ist; aber auch wenn die Bilder stets Western sagen, meint der Regisseur doch immer die tragischen, traurigen Liebesfilme von Douglas Sirk aus den 50ern: Wie Sirks Heldinnen ist auch Ennis (von Heath Ledger unfaßbar intensiv gespielt) verdammt zur ewigen Imitiation des Lebens. Am Schluß ist es so. wie Ella Taylor es so wunderbar formulierte: Er muß mit dem furchtbaren Wissen leben, daß er das, was er wollte, nie genug wollte, um je den Preis dafür bezahlen zu können, wenn er es bekommen hätte. Weil seine wahre Liebe nie stark genug war.

www.brokebackmountainmovie.com

Mit Heath Ledger, Jake Gyllenhaal, Michelle Williams u.a.