Bryan Ferry :: As Time Goes By
Gepflegt
Bryan Ferry (54) und Mick Jagger (56) haben einiges gemeinsam. Zum Beispiel die Ex-Frau: Jerry Hall. Aber es gibt auch einige Unterschiede zwischen dem Ex-Roxy Music-Frontmann und dem Stones-Sänger. Letzterer wird zum Beispiel bald ein Problem haben, das ersterem bis zu seinem – hoffentlich noch in ferner Zukunft liegenden – Abgang von dieser Welt überhaupt nicht belasten dürfte. Jaggers Problem: er muß als angehender 60er grimassenschneidend durch die Fußballstadien dieser Welt hampeln und vorgeben, noch 25 zu sein – immer im Kampf gegen seinen ärgsten Feind: die Lächerlichkeit. Während Ferry schon als zgjähriger sein Image als gepflegter, gelangweilter, zeit- und altersloser Dandy kultivierte – nachzuprüfen auf dem Cover seines zweiten Soloalbums ANOTHER TIME, ANOTHER PLACE (1974). Selbst wenn Bryan Ferry eines fernen Tages das Zipperlein plagte, er könnte immer noch eine anständige und würdige Performance hinlegen – als 80jähriger im weißen Dinner-Jacket lässig auf dem Barhocker sitzend. Und Mick Jagger? Im Rollstuhl auf der Bühne? Auf Krücken gestützt? Nein, das wollen wir nicht sehen. Bryan Ferry betreibt mit AS TIME GOES BY aktive Altersvorsorge und zieht sich fein aus der Affäre. Anstatt schlechte neue Songs zu komponieren – wie so oft in jüngster Vergangenheit – covert er gute alte Stücke aus der guten alten Zeit und läßt damit der Lächerlichkeit kaum eine Chance. Hier croont und swingt Ferry sich mit seltsam brüchiger Stimme durch 15 geschmackvoll arrangierte Standards aus den 30er Jahren (Standbaß, Klarinette, gedämpfte Trompete, Besenschlagzeug) wie „As Time Coes By“, „Easy Living“ oder „I’m In The Mood For Love“, wie er es ähnlich auf THESE FOOLISH THINGS (1973) getan hat. Damals aber nicht ganz so homogen und geschmackssicher wie heute. Der Kreis schließt sich. Langweilige Dinnerpartys am Pool, teure Frauen in teuren Kleidern – alles beim alten. Nur der Alteist älter geworden und ein bißchen würdevoller.
Mehr News und Stories