Bryan Ferry :: Frantic

Zwischen Arrangement-Licht und Bombast-Schatten: Das neue Album des Ex-und-wieder-Roxy Music-Sängers.

Bryan Ferrys Soloarbeiten seit 1973 in Bezug zu Roxy Music zu setzen ist statthaft. Ferry solo passt am ehesten in die letzte der drei Roxy-Phasen (Eno-Experimentierer, Glam minus Eno, AVALON-achtziger-Jahre-Pop) der gepflegte Alleinunterhalter mit dem gepflegten Anspruch, gepflegt zu unterhalten, der über die Jahrzehnte immer wieder das Glück hatte, dass sein gediegener Schick sich mit dem Zeitgeist decken durfte (Glam, New Wave, Achtziger-Neon Ästhetik). Ferry hat immer etwas gesagt, auch dann, wenn er kaum etwas zu sagen hatte (MANIFESTO, AVALON, BETE NOIRE, MAMOUNA). Und wenn er überhaupt nichts zu sagen hatte, dann hat er die Songs anderer Leute gecovert [ANOTHER TIME ANOTHER PLACE, TAXI). Auf FRANTIC ist dank der Sequencer-überfrachteten Achtziger-Jahre-Produktion für alle Retro-Romantiker etwas dabei, die damals zu „Oh Yeah“ im Auto geknutscht haben: von ärgerlichem Esoterik-Schmalz („Ja Nun Hons Pris“) über aufgeblasenen Bombastpop („Hiroshima“) bis hin zu banalem Singsang („One Way Love“ oder das mit Eno entstandene „I Thought“). Aber, halt! Dem alten Sack gelingen dann doch immer wieder ein paar wunderschöne Momente: Dylans „Don’t Think Twice“ (wohltuend bombastfrei], das großartige, aber scheiße produzierte „Nobody Loves Me“ oder das folkloristische „Goodnight Irene“. Aber vielleicht liegt diese Milde nur am Phänomen der musiksoziologischen Romantisierung, von deren Auswirkungen ja niemand so ganz frei ist. Nicht einmal der Rezensent ihres Misstrauens.

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