Chick Corea – My Spanish Heart Polydor 2669034
Dies ist nicht der erste Versuch eines Jazz- oder Rockmusikers, die reiche spanische Folklore und folkloristische E-Musik als Katalysator der eigenen Spielweise auszunutzen. Einer der spaßigsten ist es aber bestimmt Chick Corea spinnt den spanischen Faden über vier Plattenseiten und fängt damit tatsächlich die Glut typisch iberischer Stimmungen ein. Das abwechslungsreiche Album zitiert die dramatische Arenamusik — vor allem in der vierteiligen „Spanish Fantasy“ — ebenso wie die vergnügte Melancholie spanischer Harmoniefolgen in „Love Castle“, oder die zartliehe Verspieltheit nächtlich-heiterer Romanzen in „The Hiltrop“. Durch unterschiedlichste Instrumentierung erreicht Chick ständig wechselnde Klangschattierungen, die nie Langeweile aufkommen lassen. Da gibt es Soli auf dem Naturklavier, Duos mit dem leichtfüßigen Bassisten Stanley Clarke, Play back-Aufnahmen, auf denen Chick neben dem normalen Piano mehrere elektronische Tasteninstrumente spielt, sowie reichverzierte Monumentalaufnahmen, bei denen ein Frauenchor, ein Streichquartett und eine Bläsergruppe zum Zuge kommen. An einer Stelle skandiert das Streichquartett, nur von stark rhytmischem Händeklatschen unterstützt, die Melodie. Natürlich ist dieses Album über weite Strecken schrecklich kitschig. Aber so schlimm, daß es schon wieder schön wird, weil hinter jedem Ton ein verschmitztes Augenzwinkern erkennbar wird. Ganz besonders dick aufgetragen wird in dem herrlich dekadenten „Armado’s Rhumba“, bei dem auch der Geiger Jean-Luc Ponty mitmischt. Dieser halbseidene Titel spielt im übrigen die enge Verwandtschaft zwischen der spanischen und der ungarischen Zigeunermusik voll aus.