David Belisle :: R.E.M.: HeIIo
Sechs Jahre mir R.E.M. um die Welt auf und hinter der Bühne, öffentlich und sehr privat.
Es ist verzeihlich, wenn man das Gesicht von Michael Stipe nicht mehr sehen mag – seit über 20 Jahren ist es eines der öffentlichsten und meist gezeigten der Popmusik. Andererseits kommt es immer auf zwei Dinge an, die Bilder sehenswert und aufnehmenswert machen: den Blick des Fotografen nicht nur auf sein Objekt, sondern auch auf Umgebung und Stimmung. Und eben die Umgebung und Stimmung, und was sie mit und aus einem Menschen machen, der z. B. seit über 20 Jahren durch die Welt reist und an Orte gerät, die viel mehr sind als was ihre Namen sagen: Bühnen, Garderoben, Hotels, Filmstudios, Lifts, Lobbys, Straßen, Plätze, Hinterhöfe, Zimmer, Restaurants, undefinierbare Zwischenbereiche. Dass Michael Stipe einer ist, auf den das Ekelwort Ikone passt und trifft, ist unbestritten, aber David Belisle, der sechs Jahre lang mit der Band reiste und sie in jeder Lage und Situation fotografierte, hat eine ganz andere Perspektive, als wir sie kennen – und bestätigt doch auf subtile Weise die Vorstellung, die wir haben. Er zeigt verlorene Erschöpfte in trauriger Müdigkeit, fröhliche Männer beim Biertrinken, konzentriert arbeitende Künstler, normale Menschen beim normalen Privatleben, und er fängt das alles so perfekt und doch scheinbar nebenbei und zufällig ein, dass man nicht entscheiden mag, ob er ein Genie ist oder ein Maniker, der so viele Fotos zur Auswahl hatte, dass die besten mühelos ein Buch füllen. Das übrigens auch wehmütig daran erinnert, dass R.E.M. mal eine aufregende, geheimnisvolle und relevante Band waren und kein globales Megaunternehmen, das mit alten Hits die Stadien füllt und mit neueren Erzeugnissen biedere Radiosender mit Belanglosigkeiten versorgt. Liegt vielleicht auch am „Begleitpersonal“, das im Buch herumwimmelt, von Neil Young bis Michael Moore, Yorke bis Springsteen und Conor Oberst bis Chris Martin… nein, das ist schon das Verdienst des Fotografen, seines Blicks und seines Fingers, die ein Werk schufen, aus dem bessere Musik klingt als von den letzten Alben derer, die da zu sehen sind. Und zu lesen übrigens, wobei der Umschlagaufdruck „Einführung von Michael Stipe“ für die paar lustlosen Sätze, die, grauenhaft übersetzt („Hier ist ein Toast auf das, was uns inspiriert, uns antreibt, Auftrieb gibt und uns zum Nachdenken und Lachen bringt, was uns noch mehr reden lässt und uns dazu bringt, die guten Zeiten zu würdigen“), zwei Seiten füllen, eine ziemlich maßlose Übertreibung ist.
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