Deftones, Hamburg, Docks

Ein leicht indisponierter Chino Moreno lässt keine rechte Party aufkommen. Intensiv war’s trotzdem. „Da ging ja heute gar keine richtige Party ab“, drückte nach dem Konzert einer der heute zahlreich erschienen Endphasen-Teenies in typischerjm Grunde meines Herzens bin ich ein Skater, ich bin bisher nur noch nicht dazu gekommen“-Uniform seinen Unmut über die Statik in den ersten Reihen aus. Weite Hosen, enge Second-Hand-College-Football-Shirts, Holzperlen-Ketten und Piercings so weit das Auge reicht: Fast ein Heimspiel also für die Vorgruppe, die Nu Metal-Überflieger Linkin Park, deren Mitglieder in just derselben Abendgarderobe ihre schmissigen Refrains und runde Rap-Rock-Metal-Melange unter das Volk bringen. So eingängig und technisch tadellos sie sich aber auch präsentierten -als so richtig cool mag das Publikum sie nicht durchgehen lassen. „Ey, das ist doch voll der Pop“, nölt ein Mädchen mit Stachelfrisur ihrem Holzketten-behängten Freund ins Ohr. Eine Feststellung, die für die Deftones heute garantiert keiner so treffen wird.“Be Ouiet And Drive“ boostet in urgewaltiger Brillanz als Auftakt aus den Boxen, löscht gleichsam alle Erinnerung an das Vorangegangene aus den Hirnen der Anwesenden. Gut kommt das rüber, wie Frontmann Chino Moreno zum brachialen Donnern seiner Band Weltschmerz, Wahnsinn und Whiskeyrausch aus sich herausbrechen lässt. Sehr dicht und massiv. Und ist zu jenem frühen Zeitpunkt der Show sogar noch als Untermalung für eine zünftige Frontrow-Klopperei zu gebrauchen. Aber etwas scheint heute nicht zu stimmen. Dann geschieht das Unerwartete: Moreno, sonst eher als wortkarger Bühnen-Malocher bekannt, der nicht eben viel aus seinem Leben plaudert, packt aus. Um boys and girls drehe sich alles, und genau das sei heute sein Problem: Er toure durch die Welt während seine Frau 6.000 Meilen enfernt auf ihn warte. Sehnsucht habe ihn heute morgen gepackt, und darauf gab es nur eine Antwort: einen dicken Joint und jede Menge Alkohol. Und jetzt ist er voll. Richtig. Liegt auf der Bühne und würde am liebsten ein Nickerchen halten. Aber schließlich ist das hier kein Kindergeburtstag. Moreno rafft sich auf und gibt das archaische „Shove It“ zum Besten, in der wohl wütendsten Version seiner Karriere. Zerfahren wirkt der Rest des Auftritts, von Party konnte letztendlich tatsächlich keine Rede sein. Aber intensiv war es allemal.