Der Strohmann :: Kino-Tipps
Dem Zeugen droht Berufsverbot: Man hat ihn vorgeladen, ihm klargemacht, daß ihn niemand mehr beschäftigen werde, wenn er seine politischen „Verfehlungen“ als Radikaler nicht rückhaltlos bekenne. Da packt der Mann, ein bisher beim Fernsehen gut bekannter Komiker, aus. Er gesteht abscheuliche Taten: Er habe an linken Demonstrationen teilgenommen, habe eine „rote“ Zeitung abonniert („Aber nie gelesen, ich hab sie immer gleich weggeworfen!“) und seine Unterschrift unter Sammlungen gesetzt, in denen zur Unterstützung linker Regierungen aufgefordert wurde.
Diese Szene ist echt. Doch sie hat keinen Radikalen von heute zum Helden, sondern sie spielt um 1953 in den USA und stammt aus Marin Ritts sehenswertem Spielfilm „Der Strohmann“.
Hollywood-Regisseur Martin Ritt („Ein Mann besiegt die Angst“, „Der Spion, der aus der Kälte kam“, „Man nannte ihn Hombre“) greift mit seinem neuen Spielfilm ein heifies Thema auf, nämlich die Machenschaften der McCarthy-Zeit, die nach jenem unseligen US-Senator benannt ist, der nach 1947 bis gegen Ende der fünfziger Jahre in den USA Linke und Kommunisten jagte. Wer nicht vor dem nach McCarthy benannten Kongreß-Ausschuß zur Untersuchung „unamerikanischer Umtriebe“ aussagte, konnte ins Gefängnis kommen.
Damals gab es noch „Schwarze Listen“. Wer darauf stand, galt als „Roter“, als Kommunist, Symphatisant und Radikaler, dem man keine Arbeit geben durfte. Und von diesen Rufmordlisten handelt „Der Strohmann“, den Hollywoods Komimiker-As Woody Allen spielt, ausnahmsweise in einer eher ernsten Rolle.
Allen gibt in diesem Film für einen Schulfreund seinen Namen her, unter dem nun die Fernseh-Manuskripte des Freundes eingereicht werden – und prompt zu Shows verarbeitet werden. Später kommen noch zwei andere Schriftsteller hinzu, und von jedem kassiert der clevere Strohmann 10 Prozent des Honorars.
Die Sache geht gut, bis sich der dicke Komiker Hecky Brown (gespielt von Zero Mostel) aus Verzweiflung, daß er auch noch Kollegen bespitzeln soll, aus dem Fenster stürzt. Da macht der Strohmann nicht mehr mit.
Regisseur Ritt, sein Drehbuchautor Bernstein und seine Darsteiler Herschel Bernardi sowie Zero Mostel standen seinerzeit selbst auf den „schwarzen Listen“ des Kommunistenfressers Mc Carthy. Sie wissen also, wovon der Film handelt. Und trotz seiner schwachen, weil unglaubwürdigen Schlußszene (Woody Allen schleudert den Ausschußmitgliedern seine Verachtung entgegen) ist „Der Strohmann“ ein sehenswerter, unterhaltsamer und eben auch politischer und hierzulande verdammt aktueller Film.
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