Die Importe

In dieser Rubrik werden ab sofort Platten vorgestellt, die bislang noch ohne deutschen Vertrieb auskommen müssen, obwohl sie dies verdient hätten. Los geht’s mit den Waco Brothers, der „hardest working“ und „hardest drinking“ Band aufrührerischer Country-Musik. Mit „Waco World“ (Bloodshot) geht das Chicago-Sideprojekt zweier Mekons-Veteranen auf seinem vierten Album zum Frontalangriff gegen die verhaßten „Alternative-Country-Poser“ vor.“Clash meets Cash“ sagt das lnfo,“Long mayyou roam“ sagt Don Marco. 4 Sterne

Schon eine ganze Weile am umherstreifen ist Mr. Rhythm – Andre Williams. Der 62jährige schwarze Ladykiller und R&B-Pionier. dem man dank seines Charmes fast jede Macho-Sauerei verzeiht, hat nach seinem Comeback „Silky“ mit den Ex-Gories diesmal die kanadischen Surfabilly-Experten The Sadies um sich geschart und unter dem Namen Andre Williams & The Sadies mit „Red Dirt“ (Bloodshot) einen weiteren Schritt in die richtige Richtung eingelegt. Heilst es doch gewöhnlich: Country sei der Soul des weißen Mannes, kümmert sich Andre wenig um solche Etiketten, sondern swingt und croont sich geschmeidig durch das beste aus beiden Welten: Soul UND Country. Ja Herrschaften, das geht. 5 Sterne

Eine ganze Reihe an Welten durchwandert John Southworth auf seinem Debüt „Mars Pennsylvania“ (Bar/None) Bei dem 25jährigen Engländer mit kanadischem Paß kämpfen schon in den ersten Sekunden schmetternde Metal-Riffs mit virtuosen Piano-Crescendi um die Vormachtstellung, um dann von einem happy-go-lucky Pop-Flitzer abgelöst zu werden. Und es geht munter weiter mit einer Doo-Wop-Cabaret-Nummer inklusive Kinderkarusell-Orgel und Fred Astaire-Gesang. Freunde von Todd Rundgren und Harry Nilsson aber auch von Elvis Costello oder Divine Comedy werden an dieser affektierten Wundertüte ihre Freude haben. 5 Sterne

Mindestens genauso stimmungsvoll und farbenprächtig geht es bei Of Montreal Um Gay Panda (Bar/None) zu. Nicht aus Montreal, sondern aus dem umtriebigen Elephant 6-Studiokomplex (Olivia Tremor Control) in Athens, Georgia, kommt diese neue Geheimwaffe gegen schlechte Laune. Fans des kindischen Jonathan Richman. des optimistischen Brian Wilson und des geistreichen Ray Davies können hier ungehört zuschlagen. 6 Sterne

Ebenfalls zum Elephant 6-Zirkel gehören die Apples In Stereo, die mit „Her Wallpaper Reverie“ (Spinart) ein Mini-Konzeptalbum (sieben Songs und acht Instrumental-Übergänge) abgeliefert haben, denn „Rainy Ruby spends the day in her room listening to records and dreaming. As her gaze deepens, the wallpaper seems to change her moods“. Fans von psychedelischer Musik können schon einmal im Kreis springen. Die 60er zeigen sich hiervon ihrer besten Seite. Mitpfeifmelodien. Handclaps und merkwürdige Tasteninstrumente lassen die Zeit stillstehen. 4 Sterne

Auch zu schön um wahr zu sein klingt das Debüt-Album „A Little More Haven Hamilton, Please“ (Parasol) von June & The Exit Wounds, dem Projekt eines jungen Multiinstrumentalisten aus Chicago namens Todd Flatchar, der ein strahlendes Album voller schüchterner Hits hingelegt hat, das gleich neben den sträflich unterschätzten Pernice Brothers ganz oben auf der Liste der Nachwuchskräfte im Feld der sentimentalen Popsongs zu führen ist. So rein, so rund, so selbstvergessen und schwerelos. Herrlich, diese Pianoakkorde. Ich könnte was von den melancholisch-naiven Beach Boys erzählen, aber dieser Vergleich ist ja so überstrapziert. 6 Sterne

Kontakte:

Bloodshot: www.bloodshotrecords.com

Bar/None: www.bar-none.com

Spinart: www.erols.com/spinart

Parasol: www.parasol.com