Die Singles
Remixe der Songs ihrer Lieblingsband sind für den wackeren Rolling Stones-Fan ein notwendiges Übel. Notwendig wohl deshalb, weil Mick Jagger und seine Kollegen damit beweisen wollen, daß sie’s, naja, auch mit 70 Jahren noch schaffen, „modern“ zu sein. Und ein Übel deshalb, weil diese Remixe – verdammt noch mal – so wenig Rock ’n‘ Roll sind. Und die Rolling Stones, das wissen wir doch alle, sind die verdammt noch mal größte Rock ’n‘ Roll-Band der Welt, und ham doch mit Drum ’n‘ Bass und so ’nem Scheiß – verdammt noch mal – nichts am Hut. Egal, die neue Stones-Single „Out Of Control“ (Virgin) gibt’s jedenfalls in mehreren Formaten und mit je zwei Remixes von Fluke und Bi-Polar. Erstere wirken ein bißchen beliebig, weil die drei britischen Soundtüftler zu viel Respekt vor den großen Namen zeigen. Was man von den Bearbeitungen Bi-Polars (die haben schon mit Prince, Zion Train und Mad Professor gearbeitet) nicht sagen kann. Deren „Bi-Polar At The Controls“ ist ein mindblowing Dub und „Bi-Polar’s Fat Controller Mix“ ein okayer Disco-House-Stampfer. Also, zu wenig Rock’n’Roll. Da steigt der Stone sofort aus und hört lieber irischen Pop. 3 Sterne
Irischer Pop ist ja momentan das große, neue Ding für bestimmte Leute. Irischer Pop ist romantisch, weil Irland, die grüne Insel, ist ja schon irgendwie romantisch, und irischer Pop ist auch irgendwie modern, weil Pop-Musik ist ja modern. Irgendwie. Und da kommen Catatonia gerade recht mit ihrer neuen Single „Road Rage“ (Blanco Y Negro/WEA). Der Titelsong ist ziemlich catchy, der Rest ist, sagen wir, romantisch bis hymnisch. Da macht es gar nichts, daß Sängerin Cerrys Matthews klingt wie ein Mittelding aus Dolores O’Riordan (Cranberries) und Sally Carr von der 70er Jahre Schlagerkombo Middle Of The Road. 3 Sterne
Bleiben wir erst mal in den 70er Jahren. Denn dort ist mittlerweile auch Wolfgang Voigt alias Mike Ink gelandet. Das neueste Projekt der Minimal-Techno-Legende nennt sich DOM. und dessen erste Single „Fackeln im Sturm“ (Harvest/EMI Elertrola) ist eine Neubearbeitung des gleichnamigen Grungerman (auch ein Ink-Pseudonym)-Klassikers. Das ist alles andere als minimalistisch diesmal. Voigt verbindet teutonische Acid-Techno-Tbne mit diversen Gesangs-Samples aus Juliane Werdings“Am Tag als Conny Kramer starb.“ Das klingt dann weder lustig noch unlustig. Aber wahrscheinlich ist das ganz große Kunst, und ich bin wieder mal einfach zu blöd, das zu kapieren. ohne Wertung
Gut, daß es Mike Inks Kollegen The Modernist gibt. Der ist nämlich leicht zu kapieren. Jörg Burgers neue Single heißt „Orange Coloured Sky“ (Harvest/EMI Elertrola) und hat vier Tracks lang locker-flockigen Electro-Pop mit Vocoderstimmen und mitsummkompatiblen Melodien. Mann, das ist Pop-Musik, wie Pop-Musik sein soll. Tanzbar und irgendwie Kraftwerk. 5 Sterne
Kraftwerk – Krautrock. Ein schönes Stichwort. The Electric Family ist die Band um Tom „The Perc“ Redecker und zahlreiche Musiker, die ehedem in ebenso zahlreichen Kraut-Bands (Amon Düül II, Embryo, Atlantis, Grobschnitt etc.) sich betätigten. Die neue Electric Family-Single „Seven Miles Overground“ (Moloko/Megaphon) erinnert im Titelstück an die seligen The Perc Meets The Hidden Gentleman und gibt mit den beiden Live-Tracks auf der B-Seite mit psychedelisch verwobenen Feedback-Gitarren einen Eindruck der Bühnenqualitäten der All-Star-Combo. 4 Sterne
Mit welchen Bühnenqualitäten der famose Fatboy Slim gesegnet ist, soll an dieser Stelle nicht weiter interessieren. Auf jeden Fall ist er der Gewinner unserer diesmonatlichen Singles-Competition. Sein „The Rockafeller Skank“ (Skint/Epic/Sony Music) ist ein dermaßen schönes 60er-Jahre-Easy-Listening-90er-Jahre-Big-Beat-Pop-und-natürlich-Pop-nicht-zu -vergessen-Ding, daß dem Rezensenten einfach die Worte fehlen. Schöne Melodien, Surfgitarren, Big Beat-Krach, Scratch ’n Hop und bleepende Elektronik, die hüpft und springt wie ein Ping Pong-Ball im letzten Track „Tweakers Delight“. Sehr schön, das. 6 Sterne
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