Die Träumer von Atlantic City

Atlantic City, USA. Ein degeneriertes Seebad erlebt als Spielerparadies einen zweiten Frühling. Ebenso wie der alternde, ehemalige Hilfs-Gauner Lou (Burt Lancaster) und die von ihm betreute schrullige Kitsch-Lady Grace (Kate Reid). Was die beiden so aufgemöbelt hat, ist eine Tüte Kokain, die ihrem eingefahrenen Alltag plötzlich und unerwartet ungeheuer auf die Sprünge hilft. Der französische Regisseur Louis Malle, der seit einigen Jahren in den USA lebt, nennt seinen neuesten Film sowohl Komödie wie auch Thriller.

Für eine Komödie wird es allerdings an einigen Stellen doch zu hart, während ein Thriller jedoch selten so liebenswürdig ausfällt wie „Atlantic City, USA“.

Sally (Susan Sarandon) weiß nicht, daß ihr Nachbar Lou sie oft beobachtet, wie sie sich abends am Fenster mit Zitronensaft den Fischgeruch abwäscht. Zur Zeit verkauft sie noch Austern an der Imbiß-Bar in einem der zahlreichen Spielcasinos, doch sie macht einen Lehrgang als Croupier und träumt von Monte Carlo. Da kreutzt ihr Ehemann auf, der mit ihrer Schwester durchgebrannt war. Das naive Spätblumenkind ist hochschwanger und außerdem hat das unwillkommene Pärchen auch noch ein Päckchen geklautes Kokain dabei. Dave deponiert den Stoff beim kontaktheischenden Lou, wird von den geprellten Gangstern natürlich erledigt und verhilft dem Alten damit zu einem späten Erfolgserlebnis. Lou war zeitlebens nur ein Handlanger der großen Mafiosi, jetzt ist er gerade gut genug als Laufbursche für Buchmacher und für Grace. Die ehemalige Schönheitskönigin war mit dem „Boß“ verheiratet und schickaniert jetzt als alte Frau ihren Betreuer vom Bett aus. Lou verdealt den Stoff allein und trägt den neugewonnenen Reichtum auch ungeschickt genug zur Schau. Die kurze Romanze mit seiner schönen, jungen Nachbarin Sally endet, als ihr bewußt wird, daß ihr großzügiger Beschützer in Wirklichkeit ja nur mit ihrem illegalen Erbe um sich wirft. Aber was kümmert ihn noch die Tatsache, daß Sally sich am Ende mit einer Lüge aus dem Staube macht… er hat schließlich am Tag zuvor zwei Gangster erschossen, die sich ihr Kokain zurückholen wollten. Er, der Feigling, hat endlich einmal jemanden beschützt. Seine Tat kommt übers Fernsehen, steht in den Zeitungen, er muß es Grace erzählen!

Letzte Szene: Grace hat sich aus dem Bett erhoben, sich in Pelz gehüllt und für Lou einen Job erledigt. Sie hat den restlichen Koks an einer bewußten Hoteltür abgegeben und trägt voller Stolz den 1000-Dollar-Schein vor sich her. Zufrieden und glücklich wandeln sie Arm in Arm nach Hause…

„Atlantic City. USA“ ist Amerika, wie es vielleicht kein Amerikaner hätte filmen können. Nicht mit dem (vorerst) gemütlichen und völlig undramatischen Ende.