Diverse – Amiga-Schlagerarchiv Vol. II 1958-1968 / Heißer Sommer
In puncto musikalischer Volkstümelei und intellektueller Schlichtheit standen sich die deutschen Schlager-Szenen Ost und West auch zu Zeiten Adenauers und Ulbrichts nicht im geringsten nach. Man vertraute auf die wahlweise Dosierung der seit Zarah Leanders oder Rudi Schurickes Ära anerkannten Zutaten: Pseudo-Tiefgang, Gassenhauercharme, Possierlichkeit und Lausbüberei, filtriert durch die rosarote Brille. Visuell wurde das Ganze-je nach Saison und Geschlecht- mit Petticoat, Wolkenschieberfrisur, Schlaghose und Siegelring garniert. Die DDR-Stars Fred Frohberg, Bärbel Wachholz, Günter Hapke oder Andreas Holm besaßen ihre Pendants in Freddy, Heidi Brühl, Paul Kuhn und Michael Holm. Oder umgekehrt. Der fünf CDs pralle Schlagerarchiv-Schuber ist ein amüsanter und unerschöpflicher Born für Jäger unfreiwilligen Humors, Erforscher der deutschen Seele und die Freunde treuherziger, hübscher Melodien. Auch wenn – zum Beispiel – Jenny Petry oder Peter Wieland zweifelsfrei für Hardcore-Tobak stehen. Ein Werk, wie von Molieres Lehrstück „Ein Spiegelbild der Sitten unserer Zeit“ animiert, ist auch HEISSER SOMMER. Die im Sommer 1968 in der DDR ziemlich populäre Schmierenkomödie um Jugendliebe und zwischenmenschliche Korrektheit ward Frank Schöbel und seiner damaligen Frau Chris Doerk auf Leib und Stimmbänder geschrieben. Zur gleichen Zeit, da der Prager Frühling Gedankenfreiheit und Psychedelic Rock verhieß, sollte HEISSER SOMMER das unerschütterliche Selbstwertgefühl der DDR suggerieren. Den Film-Songs kann man heutzutage aufgrund ihrer bedingungslosen Biederkeit und der unerträglichen Arroganz und Besserwisserei in den Lyrics von Hartmut König (der später stellvertretender Kulturminister wurde) bestenfalls Kultstatus zubilligen. Vorausgesetzt, man berücksichtigt, daß „Kult“ das deutsche Wort für Scheiße ist.
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