Diverse – Hippies, Hasch und Flower Power – 68er Pop aus Deutschland
Total schockiert reagierte das Publikum 1966 bei den Deutschen Schlager Festspielen in Baden-Baden, als Margret Fürer und die Penny-Pipers den hippen „Gammelshake“ präsentierten. Eine der letzten Bastionen heiler Welt sah sich mit Zeilen wie „… keine Arbeit, denn Arbeit tut so weh…“ konfrontiert. Kein Wunder, dass die Tage des Festivals danach gezählt waren. In Mode gekommener Protest wütender Studenten, langhaarige Gammler an jeder Ecke und illegale Substanzen zur geistig-körperlichen Stimulierung forderten gesellschaftliches Umdenken. Und damit änderten sich auch Beat. Pop und Schlager aus deutschen Landen. 25 Song-Beispiele aus jener Ära sammelt hippies, hasch und flower power, eine in abwaschbarer Plastikhülle mit goldener Schrift auf knalligem Rot verpackte Kollektion-wie die damals beliebte Mao-Bibel. Aber auch hochexplosiv wie der Jazz-Rock-Swing,den Vivi Bach und Dietmar Schönherr mit „Molotow Cocktail Party“ servieren. Oder wie „Vatis Argumente, die Liedermacher Franz Josef Degenhardt in harschen Reimen zur trötenden Farfisa-Orgel auftischt und jede neue Strophe mit „Lieber Rudi Dutschke“ eröffnet. Dagegen wirkt Freddy Quinns Spießer-Bekenntnis „Wir“ allerdings wie Hochverrat an der jungen Generation. Smart behauptet Thomas Fritsch: „Es ist nicht leicht, erwachsen zu sein“-das war es auch schon zu Zeiten des Sokrates nicht. Ralph Siegel Jr.ergeht sich in der idyllischen Pro-Hippie-Hymne „Sie nennen es Flower Power“. Kompletter Leerlauf hingegen bei Bernd Spiers deutscher Version von Scott McKenzies „San Francisco“. Gleiches gilt für Christopher & Michaels Fassung von Barry McGuires „Eve Of Destruction„. Ganz anders die ehemaligen DDR-Genossen: Gehen Manfred Krug und das Klaus Lenz Sextett im „Vietnam-Song“ doch richtig zur Sache: „Dich brennt mit Napalm niemand an“, adressiert sich an den damaligen US-Präsidenten Lyndon B.Johnson. Im flotten Rhythmus präsentiert Franzosen-Beatnik Michel Polnareff die „Garnmler-BaMade (Meine Gitarre)“, während die Hamburger City Preachers „Den unbekannten Soldaten“ beklagen. Gleich dreimal lässt das Musical „Hair“grüßen: Die Spencer Davis Group besingt in Deutsch den „Wassermann“, Gudrun „Su“ Kramer „Hare Krishna“ und Jürgen Beumer (der sich wenig Später jürgen Marcus nennt) im Gespann mit Harry Wieser „Haare“. Surreal beschwört France Gall „Hippie Hippie“ in dezenten Beat-Phrasen, Wencke Myhre sucht eifrig nach dem „Flower Power Kleid“, und nur Bill Ramsey warnt eindringlich: „Verlieb dich nie in ein Hippie-Mädchen“. Vor allzu laxem Umgang mit Drogen warnt Juliane Werding in „Am Tag, als Conny Kramer starb“. Das Duo Witthüserü Westrupp fordert stattdessen „Nimm noch einen Joint, mein Freund“. Und unter Pseudonym stimmen die Ex-Rattles Achim Reichel und Frank Dostal das, ,Marihuana Mantra“an. Das Fazit einer komplett aus den Fugen geratenen Welt ziehen schließlich Insterburg und Co.: „Wir sind verlauste Affen.“ Unterhaltsamer als Rainer Langhans‘ TV-Reality-Doku-Soap „Kommune-Fünf Frauen und ein Mann“.
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