Diverse – L’Amigamore

Der Swing des DDR-So2ialismus erschloß sich dem Bundesrepublikaner immer nur sehr zögerlich. Die Sputniks? Das Orchester Gerhard Kneifel? Der twistende Günter Gollasch gar? Was um alles in der Welt fragt sich der durch James Last und Max Greger orientierungslos gemachte Westmensch – ist das? Nun: Das alles waren 6oer-ahre-Stars des DDR-Staats-Amiga-Labels, der deutsch-demokratischen Tanzunterhaltung zwischen Club-Cola und Radeberger. Erfreulich und verdienstvoll ist es, daß uns das L’age d’or-Label auf L’AMIGAMO-RE Einblick gibt in die Geschichte des Ost-Sounds jenseits von Blauhemd und Prenzlauer- Berg-Untergrund: eine musikalische Dampferfahrt hinein in die Welt der staatlich lizensierten Musiker – im Osten allgemein „Mucker“ genannt. Wir hören Erstaunliches, eigentlich sogar Wunderbares: Swing für den Tanzpalast und Beat für den Jugendklub, Twist für Rotkäppchen-besäuselte Groover und zu Tränen rührende Schlager ohne Worte – wie der hämmernd glückselige ‚Honigmond‘ des ‚Alexanders‘ oder das feinfühlige Fernweh-Lied ‚Korallenriff der gnadenlosen Theo-Schumann-Combo. Nennt es Ost-Retro, nennt es Nostalgie, nennt es, wie ihr wollt: Alles das, was sich da so in den 6oern an den streng antiwestlichen Zensoren vorbeischmuggelte, war pure Lebenslust in gezielter Tarnung. Und bitte: Wer kann von sich behaupten, er habe schon einmal ‚Das Jahr ist jung‘ gehört, komponiert vom kambodschanischen König Sihanouk und dargeboten vom Rundfunk-Tanzorchester Leipzig? Und wer hat schon einmal versucht, die HochgeschwindigkeitsVersion des ‚Säbeltanzes‘ der Theo-Schumann-Combo auszutanzen, ohne krachend im Ausschank zu landen? letzt geht’s! Im Trend liegt derartiges sowieso: In Berlin (Ost) sind Nostalgie-Tänze mit DDR-Liedgut der große Renner: Wie sagte doch Honecker selig seinerzeit: „Niemand in unserem Staate hat etwas gegen gepflegte Beatmusik.“