Dr. John Horizon – City Lights
Den Anblick aus dem „Last Waltz“-Film vergeß ich nicht: Dr. John betritt die Bühne im feinen Jackett, mit Baskenmütze und Ohrring, kriecht ans Klavier, singt, nein: murmelt/ krächzt „Such A Night“ und behandelt sein Piano derart, daß man nicht weiß, ob er gerade ein Neugeborenes tätschelt oder sich dem Instrument unsittlich nähert. Ähnlich erklingt der Dottore auch auf „City Lights“, manchmal linkisch und scheinbar unentschieden, dann wieder zupackend und geradeaus. Dabei liefert er nebenbei so Unterschiedliches wie „Sonata“ (die so klingt, wie sie heißt) und „He’s A Hero“, einen verhaltenen Rocker, in einem Atemzug ab. Verhalten klingen fast alle von Mac Rebennack, also dem Doktor selbst, komponierten Songs. Allerdings stehen die gelegentlich mit Vaudeville servierten Stücke immer unter Dampf; der allerdings wird nicht kurzzeitig abgelassen, sondern entweicht allmählich. Was den Hörer bei der Stanee hält.
Wesentlich tragen vorteffliehe Musiker zu „City Lights“ bei: Gitarristen wie John Tropea und Hugh McCracken; dazu Willi Lee (bg), Richard Tee (keyb) und Steve Gadd (dr), mithin eine Who’s Who-Liste für Insider. Trotzdem schafft Dottore John, seine liebenswerte Art zu singen und das Piano zu streicheln, permanent beizubehalten. Diesen Mann möcht‘ ich mal solo nachts um viertel vor eins in einer verräucherten Pinte erleben.
P.S. „City Lights“ ist keine Platte des Jahres, kann aber jederzeit zu jedwedem Anlaß gespielt werden. Von welcher Platte kann man das ebenfalls behaupten?
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