Eels – Meet the Eels: Essential Eels Vol. I 1996-2006 Useless Trinkets :: Exzessiver Epilog einer Epoche

Es war 1996, und Major-Plattenfirmen galten noch als ernst zu nehmende Größe in der Tonträgerindustrie. Doch der Zusammenschluss der Branchenbonzen David Geffen, Steven Spielberg und Jeffrey Katzenberg zu „DreamWorks“ sorgte damals nicht nur für wirtschaftliches Unbehagen im Indie-Lager. Was war hier schließlich künstlerisch zu erwarten? Breitbeiniger Breitarschrock im Breitwandformat? Dementsprechend skeptisch stand man also auch einem der ersten Signings dieses neuen Mammutlabels gegenüber, das hochtrabend als Neudefinition der Popintelligenzija durch die Presse geschubst wurde. Bald stierte einem das längsäugige Mädchen auf dem Debütalbum der Eels, nicht umsonst beautiful freak genannt, von jeder zweiten Litfasssäule entgegen. All das konnte den Schlag eines aufrechten Indieherzen doch nicht beschleunigen! Aber tu nicht glauben dem Hype. Denn spätestens mit der ersten Single-Auskopplung „Novocaine For The Soul“ wurde man eines Besseren belehrt. Die Erfolgsformel des „Band“projekts um das einzig beständige Mitglied Mark Oliver Everett (kurz: „E“), wonach TripHop-Beats, bedrohliche Streicher, noisige Gitarren und Spielzeugpianos durchaus unwiderstehlich eleganten Pop ergeben können, ging sofort auf und beweist bis heute ihre Gültigkeit.

Die ersten zehn Jahre seiner Karriere mit den beziehungsweise als Eels feiert Everett nun ausgiebig mit zwei Compilations, die ihre meist so geizig zusammengestellten Artgenossen zu schamesroten Picturediscs werden lassen. Wie oft wird einem eine Best-Of schon mit satten 24 (noch mal genießerisch ganz langsam: vier-und-zwanzig) Titeln serviert? Und was Sich auf MEET THE EELS: ESSENTIAL EELS VOL. 1 1996-2006 5,5 alles tummelt: Brav werden alle sechs Studioalben berücksichtigt, daneben finden sich ein bislang unveröffentlichter Remix von „Climbing To The Moon“ des US-amerikanischen Filmkomponisten Jon Brion (u. a. „Magnolia“ und „Punch-Drunk Love“), der Beitrag zum shrek 2-Soundtrack „1 Need Some Sleep“ und ein ebenso bisher unmöglich zu erstehendes, kongeniales Cover von Missy Elliotts „Get Ur Freak On“. Das große, ärgerliche Element einer (fast) jeden Werkschau tanzt einem aber auch hier auf der Nase herum: Wie lässt sich bei einem so üppigen Paket auch nur eine einzige der noch dazu wichtigsten der ohnehin zahlenmäßig spärlichen Eels-Singles vergessen? „Cancer For The Cure“ können wir uns jedenfalls nur auf der beigepackten DVD Coüection (zwölf Clips, erstmals in diesem Format) ansehen – oder müssen uns das ’98er Album electro-shock blues kaufen. Was an sich ja nicht verkehrt ist, immerhin handelt es sich dabei ja tatsächlich um ein Meisterwerk. Trotzdem. Alles andere ist aber immerhin an Ort und Stelle, schön chronologisch geordnet und dazu noch digital restauriert. Auch die optische Aufbereitung dieser Sammlung spiegelt die Charakteristika des Everett’schen Selbstverständnisses wider: detailverliebt (zahlreiche Fotos, die ebenso künstlerischem Anspruch gerecht werden wie Einblicke in die Arbeitsweisen Everetts gewähren) , eigenwillig (das einzigartig rechteckige Format wird wohl in jedem Plattenregal der Welt auf den ersten Blick identifizierbar sein), opulent (Liner Notes zu jedem Song vom Meister selbst) und, nun ja, niedlich (wer möchte nicht mal den Hund auf der Fotostrecke im Inlay zum romantischen Gassigehen einladen?).

Doch der Üppigkeit noch lange nicht genug. Um die Spannweite des Rundumschlags noch zu erhöhen, wirft Everett am gleichen Veröffentlichungstag auch das Obskuritäten Sammelsurium USELESS TRINKETS (B-SIDES, SOUNDTRACKS,

rarities and unreleased) auf den Markt – und das ist vor allem eines: noch fetter. 50 Songs auf zwei CDs und dazu eine sechs Titel umfassende DVD des Eels-Auftritts beim Lollapalooza-Festival 2006. Allein die eigensinnige Coverversion von Princes ohnehin atypischem „If I Was Your Girlfriend“ ist, gelinde gesagt: der Wahnsinn. Auch „E“s Interpretation des durch Elvis zum Klassiker gewordenen Klassikers „Can’t Help Falling In Love“ (Liner Note: „I Know. Who HASNT done this song? But I can’t help covering it.“) geht, jeglichen Widerstand ignorierend, unaufhaltsam zu Herzen und darf da auch bleiben. Ähnlich einem Hund, dem man eigentlich strikt untersagt hat, das Bett zu entern, man schlussendlich gegen von Hundebauch gewärmte Füße aber nichts mehr einwenden kann. Die rührseligen Hundeaugen aus dem Booklet der Best-Of verhelfen einem übrigens auch hier wieder zu einem schlechten Gewissen: Die Fotoserie mit der vielleicht traurigsten Straßentöle der Welt setzt sich im Book (76 Seiten stark, deswegen ohne -let) fort. Auch ansonsten wird die Ästhetik der Best-Of beibehalten (statt Gelb herrscht hier die Grundfarbe Lila, und auf dem Cover prangt diesmal statt Edelweiß ein Vogel, der wie Björk, Ära volta, aussieht). Dieser gleichsam wuchtige und elegante Doppelbatzen beweist, dass in Everetts CEuvre einzig und allein noch ein Flop fehlt. Fans wie Kritiker folgten seinen hier aufgelisteten, teils radikalen Kurswechseln – auch gerne innerhalb eines Albums – bisher bedingungslos. Kinder lernen mit seinen Beiträgen zu den SHREK-Soundtracks gute Musik kennen, auf Ü3o-Partys headbangt man sich zu den souLJACKER-Songs meschugge. Erwachsene schätzen den bitteren Sarkasmus hinter den süßen Melodien. „E“ macht Musik für ein ganzes Leben.

»>www.eelstheband.com

Discographie:

1996 Beautiful Freak

1998 Electro-Shock Blues

2000 Daisies Of The Galaxy alle Geffen/Universal

2000 Oh, What A Beautifully Morning (Live/Works/ABTISTdirect.com

2001 Souljacker Geffen/Universal

2002 Electro-Shock Blues Show (Live) E Works

2O03 Shootenanny! Geffen/Universal

2005 Sixteen Tons (Ten Songs) ILivel E Works 2005 B-Sides & Rarities 1996-2003 Interscope/Um Versal 2005 Blinking Lights And Other Revelations Interscope/Universal

2006 Eels With strings: Live At Town Hall (Live) Geffen/Universal