Ein reifer Klassiker American Music

13 Jahre lang druckte die Grand Dame der Rockfotografie für den US Rolling-Stone auf den S Auslöser. Seitdem ist ein Vierteljahrhundert vergangen – Zeit für Annie Leibovitz‘ ganz persönliches Resümee: „Der Auslöser zu diesem Buch war der Wunsch, zu meinem ursprünglichen Sujet zurückzukehren und es mit reifen Augen zu betrachten.“ Entstanden ist bei dieser Selbstreflexion in insgesamt vierjähriger Arbeit ein prächtiger Bildband mit über 100 Schwarzweifl- und Farbabbildungen, die einen ebenso respekt- wie liebevollen Blick auf das Personal des „Who is Who“ der US-amerikanischen Musikszene werfen. Nettes Extra: Im Anhang finden sich Erklärungen sowie interessante Kurzbiografien zum jeweiligen Musiker. Leibovitz spannt den Bogen von John Lee Hooker, Willie Nelson und Les Paul über Bob Dylan, Lou Reed und Tom Waits bis hin zu Dr. Dre, Eminem, Beck und Rick Rubin. Symbolträchtiges wie der Highway 61, ein Juke Joint in den Baumwollfeldern und Elvis‘ Plattenspieler Ider als ideelle Super-Ikone auch den Einband ziertl ist ebenfalls zu finden – und nicht minder interessant und imaginationsträchtig anzuschauen. Ihre Bilder gehen unter die Haut: John Frusciante klampft, seine vernarbten Arme entblößt und vor dem Sofa kauernd, gedankenverloren vor sich hin; DJ Shadow scheint sich in seiner immensen Plattensammlung geradezu aufzulösen; Willie Nelsons Profil erinnert an eine verwitterte Felsenlandschaft, ein sichtlich von der Krankheit gezeichneter Johnny Cash schmiegt sich an seine Ehefrau June. Der Großteil der Aufnahmen ist neueren Datums, dazu wählte Annie Leibovitz einige wenige frühe Werke aus, etwa einen Schnappschuss von Tina Turner mit Bademantel und Lockenwicklern. Aufgelockert werden die Bildstrecken durch Textbeiträge von Rosanne Cash, Patti Smith, Lou Reed, Beck und Mos Def, die der deutschen Ausgabe des Buchs als Extraheft übersetzt beiliegen. Summa summarum ein zeitlos-schönes Werk mit den Qualitäten eines echten Klassikers.