Gelegentlich kommt Musik daher, die selbst unterkühlte Kritiker vor Begeisterung überkochen lässt. Im letzten April war es mal wieder soweit. Das Debüt von Pablo Díaz-Reixa alias El Guincho wurde zuerst in Spanien in begrenzter Stückzahl veröffentlicht und war so schnell vergriffen, dass es bald zur beliebtesten Tauschdatei im Internet wurde. El Guincho war schließlich nicht mehr irgendwer, er hatte gerade erst die Besucher des South By Southwest mit einem Auftritt beglückt und den Kollegen von Pitchfork anhaltende Glücksgefühle beschert.Es ist der Geist der Exotik, der hier berauscht. Alegranza, die unbewohnte Insel im Norden der Kanaren, ist für El Guincho ähnlich mythosbehaftet wie die lateinamerikanische Urwelt für Alejo Carpentier und andere Autoren des Magischen Realismus. Mit viel Fantasie macht der junge Produzent aus Alegranza den Schauplatz für ein weltumspannendes Volksfest. Er bringt den Sound von brasilianischen Trommelgruppen, afrikanischen Gitarristen, karibischen Steel-Drum-Spielern, orientalischen Flötisten und verschiedene Formen von Stimmengewirr zusammen und wiederholt Teile davon wie in Techno-Loops. Vergleiche mit dieser Arbeitsweise sind höchstens in Richtung der psychedelischen Pastiche von Panda Bear zulässig. Bei El Guincho klingt es aber noch geheimnisvoller, tanzbarer, gewagter. Und für den Autor jetzt noch so aufregend wie damals beim ersten Mal im April.

Thomas Weiland – 09.12.2008

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