Father John Misty

God’s Favorite Customer

Bella Union/PIAS Coop/ Rough Trade

Bitte nicht hupen, Fahrer träumt von seiner Midlife Crisis: Joshua Tillmans AOR-Rock pendelt zwischen Reflexion und Resignation.

Man weiß beim Father nicht, ob er müde ist oder hellwach. Für die große Müdigkeit spricht dieser eine Wesenszug, der sein Werk prägt. Das Wort Midtempo, es wurde für ihn erfunden. Er bewegt sich wie ein schwerer, aber gut motorisierter Laster auf einer Landstraße. Seine Songs lassen sich so viel Zeit, dass man all das mitbekommt, was sie in ihren Partituren tragen. Die warmen Streicher. Die Bläser, die nie aus sich rausgehen wollen.

Das Klavier, das immer noch so anmutet, als würde es von selbst spielen, wie damals 2014, bei dieser Aufführung von „Bored In The USA“ im US-TV, die den Moment markierte, in dem aus Tillman, dem Zausel mit Fleet-Foxes-Vergangenheit plötzlich Father John Misty, der dauerironische Zeitgeistbeobachter und -Evaluierer wurde. Für zweitere Theorie spricht hingegen das Dauerfeuer des Vaters. Kaum ein Jahr nach PURE COMEDY erscheint ein neues Album, keine Sammlung von Halbabfällen, sondern eine richtige, ausdifferenzierte und gemeinsam mit Freunden wie Jonathan Rado, Jonathan Wilson und Mark Ronson in Szene gesetzte LP.

Father John Misty hat seine liebe Mühe, aus den Pantoffeln zu schlüpfen

Der größte Unterschied zum vielgelobten Vorgänger ist dabei nicht ein musikalischer, sondern ein inhaltlicher: Tillman, der zuletzt über Sex mit Taylor Swift in der Oculus Rift sang und alles, was das mit unserer Gesellschaft zu tun hat, wendet den Blick nach innen, oder: hat seine liebe Mühe, aus den Pantoffeln zu schlüpfen. „I don’t wanna leave the palace“, singt er. Es ist ein bisschen seine Variante von „In My Room“, zumindest hat man als Hörer das unangenehme Gefühl einer beginnenden Brianwilsonhaftigkeit, wenn er davon erzählt, dass er sich nun ein Haustier kaufe, damit immer jemand da sei.

„All I need is a new friend, I’m only five blocks away“, heißt es dann in „God’s Favorite Customer“. Die Hände tanzen dazu auf einem Fender Rhodes, ganz so, als wäre der Rest des Körpers zu müde für jede Bewegung. Dieses Schweben zwischen Einsamkeit und dem Bedürfnis nach Zuneigung ist, was die Platte trägt. In „The Songwriter“ beklagt Tillman sich über den Hörer. Spricht ihn direkt an. Wie wäre es denn, wenn Sie all diese Lieder schreiben würden? Sie quasi NACKT wären? Die Antwort liefert das Abschlussstück, dessen Titel „We’re Only People (And There’s Not Much Anyone Can Do About That)“ seine Kernaussage trägt: So ist das nun mal.

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