Für immer d.i.s.c.o. von Thomas Hermanns :: Irre, lachhaft, peinlich … und grandios

Dieses Buch glitzert so sehr, dass man beim Lesen das Gefühl hat, selbst zu glitzern, schon durch den Abrieb vom Umschlag und den vielen silbrigen Seiten, in denen Texte und Bilder schwimmen wie in Quecksilber. Diese Aufmachung ist derart daneben, dass sie ausnahmsweise schon wieder gut ist. Nicht cool, weil Disco nie cool war, sondern ein irrer, peinlicher, lachhafter und grandioser Affenzirkus, den ein ernsthafter, womöglich intellektueller Mensch nie so peinlich, lachhaft und grandios erklären könnte wie der „Quatsch Comedy Club“-Erfinder. Der auch das ideale Opfer des glitzernden Wahns war. Um das zu wissen, braucht man sich nur das unglaubliche Foto von seinem Tanzkurs-Abschlussball auf Seite 16 anschauen – wer sich da nicht vor Kichern aus dem Fenster stürzen möchte, den bringt auch eine Kitzelfolter mit hundert Gänsefedern nur zum Gähnen. Thomas Hermanns erzählt die Geschichte der Discomusik aus Sicht eines Schwulen, der noch nicht weiß, dass er schwul ist, eines Mannes, dem hartes Mannestum so fremd ist wie Arnold Schwarzenegger der rosa Tüllrock. Erstaunlich ist, welch ungeheure Menge an Fakten und Hintergrundwissen er in seiner nur stellenweise krampflustigen, toll bebilderten Erzählung unterbringt, vor allem in den teils haarsträubend witzigen Interviews (wo etwa Silver-Convention-Erfinder Michael Kunze erzählt, wie ihm Aretha Franklin einen Grammy überreicht und ihn „motherfucker“ nennt, weil niemand ahnte, dass er weiß ist). Da erfährt man z. B. nebenbei auch, wo die Spiegelkugel herkommt, dass das Wort „Disco“ indirekt auf die Nazis zurückgeht… und hat am Ende das merkwürdige Gefühl, dass Disco irgendwie doch cool sein kann. Auf peinliche, lachhafte und grandiose Weise eben.

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