Funk/Soul
Ulli Güldner Zur Zelt auf meinem Plattenteller:
Black Uhuru: „Fit You Haffe Fit“, Walter Hawkins: Love Alive III; Michael Lovesmith:
„Break The Ice“; Half Ptnt: „Freedom Fighter“; Cheryl Lynn: „Fidelity“
Es mag wohl sein, daß Jimmy Jam und Terry Lewis keine Skrupel kennen, wenn es darum geht, aus ein und demselben Groove fünf Playbacks für fünf verschiedene Acts zu schneidern, aber bitte wer sonst ist gegenwärtig imstande, gewaltigere Grooves herauszuboxen? An „Fidelity“, dem Opener der neuen Cheryl Lynn-LP It’s Gonna Be Right (CBS 26 497), können wir leicht ein Exempel statuieren: Cheryl rappt über ein steifes Synth/Beat BoxBacking: “ holdil, baby, hold it… thats not the groove we used to groove with“, ehe das Ganze zu einem abrupten Halt kommt und Bahn frei macht für die wohlbekannte „Encore“-Bass-Hymne. Es ist in der Tat „Encore“, Teil 2 und genau deswegen so umwerfend gut!
Der erste Durchgang dieses Sets verfügt mit dem an Cheryls 79er-Smash „Got To Be Real“ erinnernden Titelstück noch über ein weiteres Jam & Lewis-Exponat; ihr Sideman Monte Moir macht sich dann um den Sweetie „Love’s Been Here Before‘ verdient (wahre Streicher, wahre Drums, wahre Klasse!) und auch der Synthi-Soul-Swinger „Fade To Black“, bei dem die Lady die Produktion selbst in die Hand nimmt, rührt Jam & Lewis-Trademarks auf. Da sie auf der zweiten Seite mit drei selbst geschriebenen und produzierten Titeln arg abbaut, dürfte sie gut beraten sein, in diesem Metier künftig anderen Vortritt zu lassen! Knapp: (4).
Ein Fall fürs Desaster-Department ist Nona Hendryx Neueste, The Heat (RCA PL 85465) – ein Set, mit dem sich die Lady völlig dem bleiernen, bastardisierten Trash-Funk-Rock ihrer Produzenten Arthur Baker und Bernard Edwards ausliefert. Besonders auf Seite 2 bekommen wir die schlimmsten Auswüchse davon zum Quadrat: tyrannische Drum-Maschinen, tollwütige Gitarren, taktlose Arrangements und totale Mißachtung von Melodien. Wer glaubte, daß Nona schon bei ihrer Bill-Laswell-produzierten The Art Of Defence-LP wie von allen guten Geistern verlassen klang – das hier ist Hi-Tech-Heavy-Metal pur!
Von den Uptempos auf Seite 1 kann man sich – trotz des übertrieben hohen Tempos – noch am ehesten mit dem Neo-Chic-Fun/cer „Revolutionär/ Dance“ abfinden; die einzige Ballade hier, das in ein reichlich unsensibles Arrangement eingefaßte „I Need Love“ wälzt sich schon nach ein paar Takten von einem Chorus in den anderen.
Daß Nona mit THE HEAT gerade noch an einem Waterloo vorbeischlittert, verdankt sie einzig und allein „If Looks Could Kill“, einem hochmelodischen, gemächlich vorüberziehenden Midtempo-Drifter (2).
Eine stellenweise etwas krasse Synth-Soul-Kollektion bringt uns Willie Hutch mit Makinga Game Out Of Love (RCA ZL 72378)wenn ich nicht irre, das erste Album, das der Motown-Oldtimer seit seinem exquisiten ’79er-Set In Tune ausliefert. Es gibt hier eine ganze Reihe funky Midtempos, die Willie mit seinen gurrenden und gepreßten Marvin-Gaye-Vocals recht gut im Griff hat – vor allem das sensuelle, sanft strömende „Super Sexy“ macht deutlich, wie verblüffend nahe diese beiden Stimmen oft aneinander lagen. Überaus attraktiv auch die pietätvoll produzierte Ballade „Always“, zu der der wundervolle Gene Page die Streicher-Arrangements beisteuert, und der clevere Claptrack-Funk der Single „Keep On Jammin'“.
Schade, daß Ausrutscher wie das halb gerappte, halb gesungene „The Glow“, Willies Beitrag zum Soundtrack von „The Last Dragon“, und „The Very Best Of Love“ den guten Gesamteindruck dieses Comebacks etwas in Mitleidenschaft ziehen (3).
Auch wenn Dennis Edwards bei seiner zweiten Solo-LP kein Track in die Hände gefallen ist, der die ungebrochene Club-Popularität seines „Don’t Look Any Further“-Duetts mit Siedah Garret gefährden könnte, so ist Coolin‘ Out (RCA ZL 72390) doch zu einem gediegenen, grundsoliden Set geworden. Einmal mehr produziert von Dennis Lambert, herrscht diesmal Slow- und Midtempo-Material vor, mit dem der Ex-Temps-Mann nur selten schlecht bedient ist – vorausgesetzt wir klammern hier einmal ein orchestral überzogenes Duett mitThelma Houston aus: „Why Do People Fall In Love“.
Am besten aufgehoben ist Edwards bei Soul-starrenden Slowies wie „Coolin 1 Out“ (ein typischer begging-Song: „… come here baby, let ’s ha ve a sip of wine, I wish I had Champagne, but I can ‚t afford it at this time …“) oder bei so unverwüstlichen Otis-Oldies wie „Try A Little Tenderness“. Obwohl manches hier auf Anhieb etwas unspektakulär wirken mag – wie etwa das jüngste Four-Tops-Album – ist Coolin‘ Out ein durch und durch moderner, mit Gusto und Grandeur realisierter Soul-Showcase (4).
Wenn es wahr ist, daß EMI das fix und fertige LP-Debüt von Jaki Graham seit über einem halben Jahr unter Verschluß hält und sich erst jetzt – nach Jakis Smash-Duett mit David Grant, „Could It Be l’m Falling In Love“ – zu einer Veröffentlichung bequemt, dann sollten in der zuständigen Abteilung einige Köpfe rollen. Wie schon bei David Grants letztem Album, wird auch bei Heaven Knows (EMI 1C 064-24 0351) Ex-Heatwave-Mann Derek Bramble als Produzent und Songwriter die Verantwortung übertragen; und seine saturierten, Strings-gepolsterten Arrangements ergänzen Mrs. Grahams anmutige und anschmiegsame Stimme eigentlich ziemlich ideal. Neben dem selbstverständlich flugs auf diese Platte gekoppelten Spinners-Remake „Could It Be…“ singt Bramble hier selbst ein Duett mit seinem Schützling, „Loving You“, bei dem die beiden Kurs nehmen auf kandierte MOR/Midlife-Crisis-Schmon2etten Marke Peabo Bryson & Roberta Flack.
Bramble einen modernen Thom Bell zu nennen, wäre nicht unbedingt der unfairsten Vergleiche einer! Wenn es um schlichte, sympathisch orchestrierte Soul-S/ow/es geht, hat er definitiv den Bogen raus: „I Fell For You“ und „Heaven Knows“ fallen in diese Kategorie – und beide fangen sie Jaki in vollem Flug ein. Auch bei munteren und mobilen Midtempos wie „Hold On“ oder der Single „Round And Around“ kommt Jakis Stimme gut heraus; und nur einmal, bei „You’re Mine“, bricht die Lady hier völlig ein. Summa summarum ein ermutigender Einstand! (4) Maxis! Bar-Kays: „Your Place Or Mine“ (Polygram). Wenn ihr mich fragt, waren sowohl „Freakshow At The Dancefloor“ als auch „Sexomatic“ Momente monumentaler Monotonie. Auch „Your Place Or Mine“ ist wieder einer dieser stumpfen und stupiden Dancefloor-Chants, mit denen sich die Memphis-Machos die letzten Jahre über ihre Zeit vertrieben haben. Unmelodisch und unoriginell (2).
Starpoint: „Object Of My Desire“ (Elektra). Produziert von Keith Diamond (der sich vor Angeboten kaum mehr retten kann, seit er Billy Ocean durchbrachte!) und trotz ärgerlicher Zeilen wie: „You’re an object of my desire, baby, ignite my fire“ ein zügiger, zünftig arrangierter dancer, der sich kurz vor dem fade-out durch ein ärgerliches Gitarren-Solo etwas den Schneid abkaufen läßt. Renee Diggs Stimme ist einmal mehr der wahre Showstealer! (4) Colonel Abrams: „Trapped“ (MCA). Klassischster Soul-Smash des Monats! Der „Please Leave The Message Behind The Door“-Mann exzelliert sich bei diesem trocken schlagenden Synth-Beater mit seinem gigantischen, Gospel-trainierten Bariton, daß einem das Herz blutet. Unter gar keinen Umständen verpassen! (5) (Alle Import-Maxis u. a. über TSR, Wiesenstr. 31, 6054 Rodgau, 06106/2051-55)
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