Gastkritiker – Jack Bruce

Keine langen Vorreden. Jack Bruce dürfte selbst jüngeren Rock-Semestern ein Begriff sein. Und wenn nicht, gibt der Souileur nur ein Stichwort: „Cream“. Hier nun die Kommentare, die er uns telefonisch aus seinem Proben-Studio in Schottland übermittelte: Stevie Ray Vaughan: „Leider blieb der als Bowie-Entdeckung gefeierte Gitarrist weit unter der Erwartungsgrenze. Blues – und davon verstehe ich was – ist eine Sache des Gefühls; es braucht schon viel guten Geschmack, um ihn nicht totzuspielen. Der LP fehlt jede Dynamik – alles spielt sich auf einem Level ab; ich finde, daß es da schon weitaus bessere Einspielungen gibt Eine gute Rock-Scheibe hat Jackson Browne abgeliefert, wohingegen sein Firmenkollege Robert Plant meiner Meinung nach nicht ganz das Klassenziel erreichte. Am besten gefällt mir noch der Gitarrist und die Schlagzeug-Arbeit, im übrigen aber kommt mir das Ganze gar nicht wie eine Robert Plant-Platte vor Vielleicht hat er die Kontrolle über das Projekt verloren? Vielleicht hinterläßt die Musik darum einen ziemlich negativen Eindruck bei mir? Schade!“ Level 42: Ja, die fand ich toll. Eine erfreuliche Überraschung. Ich kannte diese Band kaum, nur durch meine Kinder, die Level 42-Fans sind. Vor allem die positive Einstellung, die sie vermitteln, halte ich heutzutage für wichtig und notwendig.

Über den Tom Tom-Club war ich ein bißchen verärgert, denn sinngemäß heißt es irgendwo; ,Funk is a salvation‘- und dabei hat das Ganze keinen Funken Funk, es swingt nicht…

Lob gebührt Depeche Mode. Sie scheinen zu den wenigen Synthi-Bands zu gehören, die heute einen wiedererkennbaren Sound kreieren. Außerdem haben sie einen großen Schritt nach vorne gemacht in puncto Songwriting. Ihre Melodien und ihr Handwerk haben sich wirklich verbessert.

Ein wenig enttäuscht hat mich dagegen der alte James Brown. Eigentlich bin ich ein echter Brown-Fan, aber man hat den Eindruck, daß nur ein wirkliches Stück auf dem Album ist. Alles andere wirkt lieblos zusammengestückelt. Altes Material, das man irgendwo gefunden hat.

Gut fand ich Brian Eno und Big Country. Leider bewegt sich auch Enos Musik auf einem einzigen Dynamik-Niveau, was mich grundsätzlich stört. Zudem hat ersieh meines Erachtens die Arbeit mit dem Synthesizer zu leicht gemacht. Wünschenswert wäre eine rhythmischere Verwendung der Maschinen.

Matioszek ist – um ehrlich zu sein – mein Favorit dieser Ausscheidung. Ich weiß nicht, wer das ist, aber die Musik klingt frisch, ist positiv und obendrein sehr clever zusammengesetzt.“ Kritiker Bruce hat, wie man nachlesen konnte, zumeist gute Gründe für sein Für und Wider und gibt abschließend zu bedenken, daß man doch „um Gottes willen nicht nach den Namen schauen, sondern mit offenen Ohren hören sollte, was aus den Rillen kommt“.

Und nach diesem guten Rat verabschiedet sich der in Deutschland verheiratete Jack mit einem gebrochenen „Tschüsss“. Nicht aber ohne zuvor einige Fragen zur eigenen Person zu beantworten:

Schlüsselerlebnis:

Gezeugt worden zu sein

Vorlieben:

Ausgefallene Hosen

Abneigungen:

Mißverstanden zu werden

Musiker:

Jimi Hendnx und Franz Schubert

Musik:

Alles, was gut ist

Schriftsteller:

Malcolm Lowry und Flann O’Brien. aber auch viele andere

Filmregisseur:

Kurusawa

Früherer Beruf:

Schuljunge

Frühere Anstellung:

Rockstar

Zeitschriften:

„Motor Sport“ und alles, was beim Zahnarzt rumliegt

Kneipen:

Britische Pubs und New Yorker Bars

Hobbies:

Autos

Inspiration:

Mein Vater, J. S Bach, Charles Mingus, Dylan Thomas, Bartok. James Joyce. Graham Bond, Oliver Messian, Madame Curie

Erste Single bzw. LP:

„One Mint Julep“ von Ray Charles und „The Golden Stnker“ vom Modern Jazz Quartet

Erstes Musikerlebnis:

Als ich im Alter von vier Jahren das Orchester an Bord des Dampfers „Franconia“ auf dem Weg nach New York dirigierte

Zeitgenossen, die du gerne treffen wurdest?

Ralph Berenson; er schuldet mir fünf Pfund.

In welcher historischen Epoche würdest du gerne leben?

Im 16 Jahrhundert, (wenn ich reich gewesen wäre) – und im 18 (wenn ich arm gewesen wäre.)

Musiker, mit denen du arbeiten möchtest?

Kate Bush und The Dagenham Girl Pipers.

Kannst du dir vorstellen, keine Musik zu machen?

Kann man sich einen Fisch auf dem Trockenen vorstellen?

Verliebst du dich oft?

Einmal am Tag. Sonntags zweimal.