Glamour pur :: New York Dolls New – York Dolls/Too Much Too Soon (Mercury/Universal)
Gerade mal auf zwei Alben in drei Jahren brachten es die New York Dolls und gerieten dennoch nicht in Vergessenheit. 30 Jahre nach Auflösung des schrillen Ensembles ist der Mythos größer als zu „Lebzeiten“ des Quintetts. Den Status von The Velvet Underground erreicht die an einem kalten Januartag 1972 im Big Apple aus der Taufe gehobene Truppe um Sänger David Johansen und Gitarrist Johnny Thunders zwar nicht ganz, doch wäre viel versprechender Nachwuchs in den vergangenen drei Jahrzehnten wie Sex Pistols, The Ramones oder The Hives ohne den Einfluss der New York Dolls undenkbar. Von ihrem damaligen Label Mercury etwas vollmundig als die neuen Stones angekündigt, stand die mit Gitarrist Sylvain Sylvain, Bassist Arthur „Killer“ Kane und Ex-Queen Elizabeth Jerry Nolan (ersetzte den tragisch verstorbenen Ur-Schlagzeuger Billy Murcia) komplettierte Glam-Band mit ihrem charmant-brachialen Riff-Rock allerdings den frühen Pretty Things und Downliners Sect stilistisch wesentlich näher. Sowas wie Erfolg zeichnete sich vor allem in England und auf dem Kontinent ab. Undenkbar, dass eine bis zum Bauchnabel geschminkte und in trashig-femininem Second-Hand-Chic gekleidete Band in den bibelfesten USA in den frühen siebziger Jahren auch nur den Hauch einer Chance gehabt hätte – das Vergnügen leisteten sich zehn Jahre später Epigonen wie Mötley Crüe, Poison oder Twisted Sister. Es dauerte schließlich schon lange genug, bis sich ein geeignetes amerikanisches Label fand, das im Herbst 1973 das von Todd Rundgren produzierte Debüt New York Dolls 5 veröffentlichte. Randvoll gefüllt mit Gassenhauern zwischem rüdem Rhythm’n’Blues („Personality Crisis“, „Trash“, „Frankenstein“), verzerrtem Garagen-Punk („Vietnamese Baby“, „Bad Girl“), Reminiszenzen an die Girlgroups der sechziger Jahre („Looking For A Kiss“, „Lonely Planet Boy“, „Private World“, „Subway Train“) und dem geschmackvollen Cover von Bo Diddleys „Pills“, ging das gnadenlos selbstbewusste Opus als zumindest kleiner Meilenstein in die Rock’n’Roll-Annalen ein. Nicht ganz so kohärent gelang ein Jahr später das unter der Ägide von Fifties und Sixties-Producer-Legende Shadow Morton eingespielte Too Much Too Soon 3. Die Dolls-Musiker, die sich zu dieser Zeit radikal im Drogensumpf und mannigfaltigen Starallüren suhlten, vergaßen beim vielen Posen vor allem eines: neues Songmaterial zu komponieren. Und so platziert sich auf dem Zweitling neben einigen wenigen Johansen/Thunders-Lichtblicken („Babylon“, „Human Being“) und den obligatorisch gelungenen Fremdinterpretationen wie „Stranded In The Jungle“, „(There’s Gonna Be A) Showdown“, „Bad Detective“ und „Don’t Start Me Talkin“ vor allem Liegengebliebenes vom ersten Album.
>>> http://home.eol.ca/~ifftay/dolls/dolls.htm
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