Grenzmusik
Die Jazz-Roek-Formation Irakere füllt eine kaum bemerkte LP-Repertoirelücke: Musik aus Kuba. Zu Hause sind die Kubaner eine Kult-Band. Der internationale Markt war ihnen versperrt, weil US-Medien die Künstler von Castros Insel boykottieren. Leider zeigt die lieblos abgemischte CATALI NA (messidor/pläne) nur einen Hauch jener rhythmischen Feinnervigkeit, zu der diese Band fähig ist: (4) Aber zum Glück holte messidor-Labelmanager Götz Wörner nach einem Kuba-Trip weitere Souvenirs aus dem Koffer. Und seine LP-Serie NEW GENERATION CUBAN ALL STARS könnte manchen runtergewirtschafteten Salsa-Tanzschuppen noch einmal in Schwung bringen. (5) An weniger tanzwütige Salsa-Freaks wenden sich präzisionsgeschliffene Bläser- und Percussion-Arrangements des Orquesta Conexion Latina. Musiker von beiden Seiten des Atlantiks trafen sich für die Produktion von UN POCO LOCO (enja) auf höchster musikalischer Ebene. Schade, daß in dieser dünnen Höhenluft kaum Power-Reserve blieb für die Beinarbeit. (4).
Zupackendere Unterleibsmassage bietet Bassist Saba Habas Mustapha vom L’Orchestre „BAM“ De Grand Mustapha International And Party.
John Peel produzierte die Combo aus den Schluchten des Balkans für seine BBC-Show, sieben Titel daraus füllen nun die Mini-LP LOCAL MUSIC (Globe Records/TIS). Für diese Schleiertanz-Musik müßten abendländische Disco-Musiker 1001 Nacht lang proben. (6) Kollegenneid produzieren auch die italienische Sängerin Tiziana Simona und der Trompeter Kenny Wheeler. Begleitet von Cello, Baß und Drums duettieren sie auf der LP GIGOLO (ITM-Records). Dermaßen kommerziell rücksichtslos würde Lizzy Mercier Descloux wohl auch mal gerne herumexperimentieren. (5) Nach all diesen Pulsbeschleunigern empfiehlt sich als NewAge-Betthupferl der WINDHAM HILL RE-CORDS SAMPLER 85 (A&M/ DGG). Folkig aprilfrische Schmusewolle ohne künstlerische Ballaststoffe, ordentlich produziert. (4) Enttäuschen könnte der Meditations-Klassiker THE PLANETS (Telarc) in seiner neuesten Einspielung vom Royal Philharmonica Orchestra. Denn die von Gustav Holst komponierte Suite entpuppt sich diesmal gleich im ersten Satz als möglicher Boxenkiller. Aber für alle jene Speakers, die dem schamlos ausgenutzten Dynamikumfang einer typischen Telarc-CD gewachsen sind, gilt eine: (6) Peter H … – pardon, Ladies first also: Die Pianistin Slava Kantcheffund ihr Mann Peter Horton haben eine erste Co-Produktion vorgelegt. ROCK ON WOOD (Jeton) verzichtet auf studiotechnische Mätzchen, mit denen der Gitarrero frühere LPs entwertete. Statt dessen verblüfft er heute mit rein akustischem Virtuosen-Handwerk. In atemberaubendem Tempo reißt das Duo alle möglichen Stil-Schubladen auf. (6) Stilistische Barrieren werden auch von The King’s Singers mißachtet. 1978 zeigten sie in London Früchte ihrer zehnjährigen Zusammenarbeit: Renaissance-Lieder, Barbershop-Songs und Neil Youngs „After The Goldrush“. Mein lieber Herr Gesangsverein, das macht den sechs Stimmbandvirtuosen so schnell keiner nach — nicht einmal die Flying Pickets. Nun liegt LIVE AT THE ROYAL FESTI-VAL HALL (EMI) endlich als DMM-Pressung vor, kein Oberflächengeräusch trübt die Freude an ihren Acapella-Kunststückchen. Allein schon das Beatles-Trällerliedchen „Obladi Oblada“ — zur Minioper umfunktioniert — verlangt eine: (6) Gleiches Lob erntete vor Monaten das Klarinetten-Quartett CL-4 für ALTE UND NEUE WEGE (Connex/ EfA). Jetzt bekommen die vier „Wege“-Bereiter Konkurrenz von den Swiss Clarinet Players, die ihre LP FO(U)R CLARINETS ONLY (Claves/disco-center) vorlegten, CL-4 lotete die avantgardistischen Möglichkeiten der Klarinette aus, die Schweizer arbeiten mit barocken und folkloristischen Mitteln. Beide LPs verwerten Ellington-Kompositionen. Aber während CL-4’s „Mood Indigo“ erfrischend neu klang, erspielen sich die Fo(u)r mit ihrem zickigen „Tribute To Duke Ellington“ bestenfalls eine: (3). Für den Rest gebührt auch den Eidgenossen eine: (6)
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