Hans-A-Plast – Hans-A-Plast, Hans-A-Plast, Ausradiert
Diese Musik, dilettantischen deutschen Spätsiebziger-Punkrock, hört man sich heute nur aus antiquarischem Interesse an, sicher nicht zum Lustgewinn. Und doch: Wenn die kleine Hans-A-Plast-Sängerin Annette Benjamin quäkt: „Laß mich auf deinen Lederarsch schau ’n, laß mich zwischen deine Beine hau’n!“, dann erschrickt man ganz echt als männlicher Zuhörer – weil man es noch immer nicht gewohnt ist, aggressiv zum Sex-Objekt gemacht zu werden. Hans-A-Plast aus Hannover waren nicht mal eine reine Frauenband, aber auf ihrem ersten Album HANS-A-PLAST taten sie so, als hätten sie die Früchte der Emanzipation längst geerntet und sich die Gleichberechtigung bei einem Schaufensterbruch geholt. „Ich fand das auch so klasse: diesen Mut zum Häßlichsein“, erzählt Annette Benjamin im „Verschwende deine Jugend“-Buch, aber Häßlichsein war eher Pflicht: Amerika-Spott, RAF-Apologie, abstürzende Starfighter, prügelnde Polizisten und Sex mit Schaufensterpuppen – es hätte nach dem Hans-A-Plast-Debüt von 1979 keine zusätzlichen deutschen Punkalben mehr gebraucht. Ein Jahr später kam die zweite, wieder HANS-A-PLAST betitelt, da hatten die Strubbelköpfe schon im Rockpalast-Fernsehen gespielt und waren unter dem Titel „Frauen machen Musik“ auf dem „Sounds“-Titelbild gewesen. Spielen konnten sie jetzt, das tolle „Reicher Vati“ [„ich wünsch mir so: einen reichen Vati/Dann widme ich mein Leben der Kunst und der Kultur“] hat die typischen Reggae-Einflüsse á la Slits. Kraft und Frechheit der ersten Platte waren natürlich verloren, und wer sich ein Bild davon machen will, wie tief auch Hans-A-Plast im Klüngel-Netzwerk des einheimischen Punk steckten, soll die kommentierte Grußliste im Begleitheft lesen, das der aktuellen Wiederveröffentlichung wieder beigefügt ist. Spätestens dann hatten alle im Publikum das Prinzip begriffen, die Band tourte wild für die schon Bekehrten und machte 1982 noch AUSRADIERT, bei dem vor allem die musikalische Tadellosigkeit darauf aufmerksam machte, wie sehr Hans-A-Plast ihren Humor verloren hatten. Da waren sie selbst so spießig wie die Spießer.
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