Her Mit Den Jungen Französinnen :: Nachbars Nachwuchs

Als Vanessa Paradis Anfang des Jahres mit einem „César“ ausgezeichnet wurde, hätte man glauben können, sie sei auf die falsche Veranstaltung geraten. Der „französische Oscar“ für ein kleines Schlagermädchen, das bislang mit Joe Le Taxi“ und ein paar weniger erfolgreichen Songs aufgefallen war?

In „Weiße Hochzeit“ ist nun zu besichtigen, wofür sie ausgezeichnet wurde: Sie spielt eine Schülerin an einem französischen Provinz-Gymnasium. Sie ist hübsch, blaß und verliebt sich in ihren Philosophie-Lehrer, der nach längerem Zögern ihre Liebe erwidert.

Mit César-Kolleginnen wie Isabelle Adjani darf man Paradis zwar nicht vergleichen, aber ihre Darstellung ist überraschend gut. Die Lolita-Figur mit niedlichem Lachen und Tendenz zur Schwermut nimmt man ihr nicht nur ab, man denkt keine Sekunde mehr daran, daß sie eigentlich aus der Popszene kommt. Was man vorher für ein gewagtes Spiel von Regisseur Jean-Claude Brisseau hält, wirkt hinterher natürlich und selbstverständlich.

Ebenfalls in diesem Monat startet „Roselyne“ von Jean-Jaques Beineix. In der Hauptrolle: Isabelle Pasco, ursprünglich Model, die vorher allenfalls kleinere Rollen spielte und als Plakat-Blickfang zu Jean-Luc Godards „Heilige Maria“ auffiel. Beineix gelang es zwar nicht, Pasco zum Superstar zu formen wie Beatrice Dalle mit „Betty Blue“. Dennoch ist die Frau in Frankreich inzwischen ein fester Begriff.

Julie Delpy schließlich arbeitet zur Zeit mit einem deutschen Regisseur. Neben Sam Shepard spielt sie in der Max Frisch-Verfilmung „Homo Faber“. Schlöndorff, der lange in Frankreich lebte, die letzten Jahre aber in den USA verbrachte, entdeckte Delpy nicht selbst – sie war eine Forderung des französischen Co-Produzenten. Es gibt einige Erklärungen, warum Amerika, England, Italien oder Frankreich Jahr für Jahr neue Stars hervorbringen, bei uns aber allenfalls Desiree Nosbush in Erinnerung bleibt. Eine davon ist, daß sich die dortigen Produzenten ehrlich neugierig auf die Suche nach Talenten und Stoffen machen. In Deutschland dagegen lassen sich alle von der flächendeckenden Filmförderung betäuben. Und die zwei, drei Produzenten, die wirklich Kasse machen wollen, die gehen auf Nummer Sicher mit Superhasen am Stiel. So geht’s auch.