Hildegard Knef – The Reform Sessions
Schon möglich, dass der Remix die einzige neue Kunstform ist, die die Popmusik in den 90er-Jahren hervorgebracht hat. Aber eine Form wird nur zur Kunst, wenn sie auch irgendwie künstlerisch bearbeitet wird. Remix-Alben laufen nicht erst seit gestern Gefahr, durch einen Veröffentlichungs-Overkill zur Beliebigkeit, zur Dutzendware zu verkommen. Je mehr Aufträge der Remixer bekommt, desto liebloser geht er anscheinend damit um. Und Neubearbeitungen von historischen Aufnahmen (Miles Davis, Ennio Morricone, Santana, Shirley Basseyl durch zeitgenössische elektronische Musiker gingen sowieso mehrheitlich in die Hose. Jetzt also die große Hildegard Knef als Opfer von sechzehn (überwiegend) deutschen Remixern aus der (überwiegend) zweiten Liga. Bei kaum einem anderen Remix-Projekt wird die Diskrepanz zwischen dem Ausgangsmaterial (den Mastertapes der 70er-Jahre Philips-Alben der Knef, die im Keller von Universal in Hamburg bei umzugsbedingten Aufräumungsarbeiten gefunden wurden) und den Neubearbeitungen so deutlich wie hier. Knefs Gesang läuft bei der Mehrzahl der Tracks vollkommen sinnfrei und austauschbar über die downbeatigen, housigen, Disco- oder HipHop-Bearbeitungen. Das ist, um mit dem Titel eines Knef-Songs zu sprechen, „Larifari“ bis auf die durchdachten und intelligenten Remixe von Mica („Du bist mein Salz in der Suppe“] und DJ Koze („Ich liebe euch“). Einigen wir uns darauf: Wenn wir Hildegard Knef wollen, dann hören wir ihre Platten, und wenn wir Hans Nieswandt oder Andreas Dorau wollen, dann hören wir deren Platten. Die sind ja alle nicht schlecht.
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