Ich, ein Groupie DVD

Ende der Sechziger brachen bürgerliche Welten zusammen. Nicht unbedingt, weil die Russen in Prag einmarschierten oder die Amerikaner Vietnam mit Napalm überzogen, sondern weil die Jugend plötzlich all die Dinge tat, die anständige Menschen im christlichen Abendland eben nicht tun sollten. Wilde Musik hören etwa, nackt baden, Dope rauchen. bunte Klamotten tragen und soviel Sex in einer Woche haben, wie die Großeltern während ihrer gesamten Ehe. Klar, dass dieses Phänomen ausgeschlachtet wurde, und zwar nicht nur für ein eher jugendliches Publikum wie im grässlichen Musical „Hair“. sondern auch für brave Bürger, die dann den Kopf schütteln und „mit Deutschland geht’s bergab“ sagen konnten. Oder Schlimmeres wie „unterm Adolf hat’s das nicht gegeben“. 1969 erschien das Buch groupie der Engländerin Jenny Fabian, in dem sie ihre Abenteuer als Begleiterin der Band Family beschrieb; ein Jahr später folgte dann der britische Film im a groupie, angelehnt an Fabians Moritaten. Die Mischung aus Pop und Sex brachte auch den schweizerischen, nicht grundsätzlich unter Niveauverdacht stehenden Filmemacher Erwin C. Dietrich auf den Geschmack: 1970 erschien ich. ein groupie mit Ingrid Steeger in der Hauptrolle, die Musik besorgte in weiten Teilen die Berliner Band Birth Control. Man kann sich die männlichen Kinogänger wunderbar vorstellen, wie sie sich einerseits an Frau Steeger aufgeilten, sich andererseits darüber wunderten, warum langhaarige Haschbrüder solche Spitzenbräute abkriegen und letztendlich in allen Vorurteilen bestätigt heim zu Muttern gingen. Denn das Groupie endet böse, was eben davon kommt, wenn man sich mit Gitarre spielenden Hallodris einlässt. Über weite Strecken erinnert ich, ein groupie an die Softsex-Massenware jener Tage, mit all der unfreiwilligen Komik, den hektischen Sexszenen und der flachen Story. Voyeure werden gut bedient, sie können einer jungen Frau beim Heroinballern zusehen, den „Hell’s Angels“ beim Vergewaltigen von arglos im See Planschenden, und irgendwann taucht ein öliger Produzent auf, der die arme Ingrid unter LSD setzt, was mit einem okkulten Horrortrip endet. Alles dabei, was des Spießers Phantasie beflügelte. Und was ihn sicher gehen ließ, doch auf der richtigen Seite zu stehen. Dabei mag er gedacht haben: Irgendwie reizvoll, so eine von Drogen willenlos gemachte Steeger mal so richtig…