John Parish & PJ Harvey :: Dance Hall At Louse Point

Musiker werden nicht zuletzt deshalb welche, weil sie keine fünf Minuten Ruhe geben können. Irgendetwas zwingt sie dazu, ständig neue Ausbrüche ihrer Seelenlagen zu inszenieren und ihre Hörerschaft zutiefst zu beunruhigen. Vor allem Polly Jean Harvey. Die Frau, zu deren Gesang sich Verzweiflung und Hoffnung regelmäßig gemeinsam unter den Tisch trinken, die sämtliche Gesten und Gebärden der Leidenschaft aus dem Effeff kennt und deren gnadenlose Stimme selbst eiskalte Engel in winselnde Bübchen zu verwandeln vermag, präsentiert auf ihren Alben die Höhen und vor allem die Tiefen des Lebens in hochgradig verunsichernder Intensität. Kein Wunder, daß sich John Parish, seine Zeichens Co-Produzent von TO BRING YOU MY LOVE, dazu aufgerufen fühlte, nun seinerseits Songs für die Herrin raumgreifender Emotionen zu verfassen. Ziemlich gute Idee. Denn ihr gemeinsames Album DANCE HALL AT LOUSE POINT beweist zweierlei: Erstens ist Herr Parish ein wissender Songwriter, und zweitens ist Frau Harvey um keinen Deut schlechter, wenn sie sich mal aufs Texten und Interpretieren fremden Liedguts konzentrieren kann. Und so loten die beiden allerlei seelische Untiefen aus und beleuchten das Leben und all seine Sehnsüchte mit dem Irrlicht deutlicher, deutender Dunkelheit. Songtitel wie ‚City Of No Sun‘ oder ‚Lost Fun Zone‘ zeigen alsbald, wo’s lang geht: meistens direkt in Richtung Schwermut, mittenhinein in jene Bereiche, in denen man sich nicht allzugerne allzulang aufhält. Dazu wispert und säuselt, lamentiert und krakeelt PJ Harvey wie eine atemlose Sirene, kokettiert mit der Erotik tiefschwarzer Romantik und raunzt dann wieder tieftraurig den Mond an wie eine verwundete Katze. John Parish tut das Übrige, läßt dann und wann die Gitarren in blinder Wut vor sich hin donnern, zitiert einige Male Sonic Youth’sche Attacken herbei und hält sich ansonsten bescheiden zurück. Die klassische Gitarren-Baß-Drums-Besetzung reicht allemal, um alle anfallenden Stimmungslagen ausreichend zu schildern. Und siehe da: Auf diese Weise entstehen Songs tieftrauriger Schönheit. Wer Lady Harvey schätzt, für den ist DANCE HALL eine Art Muß. Und wer, bittschön, schätzt sie nicht?