John

Sie habe nie aufgehört, ihren John zu lieben, schreibt Cynthia Lennon in ihren zweiten Memoiren [die ersten in den 70ern seien ein seichter Brotjob gewesen], Bitterkeit ist keineswegs der Grundtenor dieser bestürzenden Erinnerungen, sondern basses Unverständnis. Wie hat sich der liebenswürdige Frechdachs John in ein solches Schwein verwandeln können? Cynthia lernte John 1959 an der Kunstschule Liverpool kennen. Sie ein properes, keusches Girl aus den Vororten, er ein rotziger Teddyboy, vor dessen scharfer Zunge alle Angst hatten, der aber bei Tante Mimi in einer Villa mit Blick auf Golfplatz hauste. Wäre Cynthia nicht so romantisch veranlagt gewesen, hätte sie Lennon schon damals als groben Feigling durchschaut. Als er erfährt, daß sie kurz mit Stuart Sutcliffe getanzt hat. verprügelt er sie in der Toilette. Als Tante Mimi die nunmehrige Mutter von Klein-Julian nach Strich und Faden schikaniert, macht John keinen Mucks. Das Buch verschweigt die Probleme nicht, aber auch Cynthia hat ihren Spaß am Senkrechtstart der Beatles und am Partyleben der swingenden Sixties. Dann steigt die sinistre Yoko Ono ins Taxi, Lennon stürzt sich in harte Drogen – und die Ex-Familie wird ignoriert und fertiggemacht. Viel Neues steht in JOHN nicht. Aber der biedere Schreibstil und Cynthias naives Bedürfnis, John in Schutz zu nehmen, verleihen dem Katalog von Demütigungen grimmige Glaubwürdigkeit. Papa singe ständig vom Frieden, soll Julian zu „Imagine“ gesagt haben: „Warum kann er nicht Frieden mit uns haben ?“ Vielleicht weil sich hinter der coolen Fassade ein bösartiger Egoist versteckte?

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