Jürgen Zeltinger & Band – Zeltinger: Live im Bunker, Live im Roxy

Der letzte Schrei aus Köln: Jürgen Zeltinger. Die Ariola machte das Rennen um den Asi mit Nivoh (Zeltinger über Zeltinger) und war klug genug, das schwergewichtige Original nicht ins Studio zu stecken, sondern die erste LP live zu produzieren: die A-Seite wurde im Kölner „Roxy“ eingespielt, die B-Seite im „Bunker“. Zeltinger muß man spontan über sich ergehen lassen, entweder man fährt sofort drauf ab, oder man läßt es bleiben. Zeltinger ist geschmacklos, ordinär, beknackt, ein lausiger Reimer ein hundsmiserabler Sänger und was weiß ich… aber ich habe mich selten so amüsiert. In kölschem Platt oder einfach nur im Kölner Slang haut er seine Dinger genau ins Schwarze. (Übrigens stammt ein Teil der Texte von Arno Steffen, einmal hat auch Conny Planck mitgewirkt und beim „Tramp“ assistierten sogar Conny und Holger Czukay, die Verse sind dann nicht ganz so grausig.) Zeltinger ist eine einzige Karikatur mit mittelprächtigen Rockmusikern im Nacken, die aber höllisch für Stimmung sorgen können. Jetzt für die Aufnahmen waren sie ein wenig gehemmt, die Jungs, man merkt jedoch wo’s langgeht. Im Roxy trommelte übrigens Jaki Liebezeit von Can anstelle von Cay Wolf.

Zeltinger arbeitet an seiner entwaffenden Rolle als asoziales Aushängeschild und bleibt auf seinem Nivoh. „Morgen geh‘ ich auf’s Sozialamt“ singt er, denn in all seinen Stammkneipen häufen sich die unbezahlten Deckel. Sein „Tuntensong“ (Fistelstimme!) schafft es sogar, Obszönitäten zu verniedlichen, und es war auch mal ganz interessant zu erleben, wie die alte Frau Reed auf den „Stüvehoff“ ragiert, in dem Zeltinger auf seinem „Walk On The Wild Side“ nämlich auf Freierjagd ist. Gut für einen Lacher: „So wie ein Tiger“, der Griff in die alte Rock’n‘ Roll-Kiste, und für mich der Hammer: „Müngersdorfer Stadion“, kölsches Platt zur Musik der Ramones. (Ich glaub‘, es ist „Rockaway Beach“). Es sind so geringe Dinge, die Zeltinger und seine Musiker zum Knalleffekt hochstilisieren.

Wenn er das Volkslied vom Vater, der ein Wandersmann war, plötzlich als Pogo serviert, dann kommt halt Stimmung in den Laden. Das Ganze ist eine Livekiste, die sich im Studio mit Sicherheit nicht wiederholen läßt. Ich glaube nicht einmal, daß es noch eine zweite Live-LP mit derselben Wirkung geben kann. Hier hat jemand im richtigen Moment zugeschlagen, nehmen wir’s als erfrischenden Gag. Zeltingers Proletenshow amüsiert wahrscheinlich nur, solange sie neu und unbefangen ist.

4 (für den Spaß)