Jule Neigel Band – Wilde Welt

Das verfluchte zweite Album: Nach fetten und (für eine so junge Gruppe] verhängnisvoll schnellen Single-Erfolgen sind schon ganz andere Bands in die Hit-Lücke gefallen. Obwohl etliche Songs vom Album-Debüt SCHATTEN AN DER WAND alles andere als Radio-tauglich waren, lief die unerbittliche deutsche Schlagerverwurstungsmaschine heiß: junge, hübsche Sängerin, nette Songs, kantenlose Pop-Produktion – das liebste Fressen für „Freundin“ und „Wetten, daß“. Bei dieser Vorgeschichte ist WILDE WELT wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, wie sich Jule und ihre Band als Künstler weiterentwickeln können, ohne das Rückgrat zu verlieren. Extreme gibt es auch diesmal kaum, jedoch sorgte Produzent Rene Tinner dafür, daß die Balladen stärker ans Herz gehen und die schnelleren Nummern – immer noch eher Soul-Pop als Rock ’n‘ Roll – das Tanzbein zucken lassen. Jules Stimme ist deutlich ausdrucksstärker geworden, der Titelsong „Wilde Welt“ geht richtig ab, „Zu schön um wahr zu sein“ geht richtig nahe und mit der A-Capella-Nummer „Deine Zukunft“ geht eine richtige Pop-Platte zu Ende. Mit Schlager hat das alles genauso wenig zu tun wie mit Rock ’n‘ Roll. Doch damit ist Jule Neigel in allerbester Gesellschaft: Wer Platten von Grönemeyer und Sam Brown, von Westernhagen und Tina Turner im Regal hat, kann WILDE WELT bedenkenlos dazustellen.