Justin Timberlake

Man Of The Woods

RCA/Sony

Fünf Jahre nach seinem Doppelalbum THE 20/20 EXPERIENCE stellte Justin Timberlake seine erst zwei Tage davor veröffentlichte Platte einem maximal großen Publikum in der Halbzeit­pause des SuperBowl vor. Ein ganz normales Wochenende im Leben des Waldschrat of Pop. 

Justin Timberlake verbindet auf seinem fünften Album seine Persona als Entertainer-für-alle mit seinen Ursprüngen in Tennessee, den produzierten R’n’B und allgemein anschlussfähigen Dance-Pop, die ihn berühmt gemacht, mit dem Blues, Soul, Wurzel-Rock und Country, die ihn geprägt haben. Seinen Willen zum Experiment mit einer ur-amerikanischen Vorstellung davon, was noch echte Musik, was ein richtiger Song sei. Wer möchte, könnte sagen: Das eine Amerika mit dem anderen Amerika und vielleicht sogar noch ein paar andere Amerikas, die in Zeiten der ultimativen Zuspitzung gerne mal vergessen werden.

Wer Jonathan Demmes Konzertfilm „Justin Timberlake + The Tennessee Kids“ gesehen hat, weiß, dass es ihm damit ernst ist: die Freude am Zocken mit seiner Band ist unverkennbar echt, die unschuldige Liebe zu seiner Heimat ebenfalls. Timberlake findet sich ziemlich geil, aber nie geiler als die Musik und die Menschen, die sie hören wollen. Der Vorwurf der Berechnung oder gar Hybris geht damit ins Leere. Man Of The Woods, das ist er. Leider endet dieses Konzeptalbum weitgehend mit dem Konzept. Es fehlen die Hits, die seinem Ansinnen das nötige Gewicht gäben, seinen beiden in Denim gehüllten Beinen den Boden, auf dem er so selbstbewusst stehen könnte, wie er das gerne täte.

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Die Patina, die Man Of The Woods zeigen soll, entpuppt sich beim genauen Hinsehen als Rost auf einer Hit-Maschine, die einfach ein wenig in die Jahre gekommen ist. Natürlich ist Man Of The Woods kein ganz schlechtes Album. Dafür ist Timberlake zu talentiert, das Team um seine langjährigen Hausproduzenten Timbaland, Danja und die Neptunes zu eingespielt. Die erste Single „Filthy“ etwa kickt wie die ganz großen Timberlake-Stücke, zumindest kurzfristig: Roboterfunk mit überraschenden Wendungen und jenem leicht ungelenken Stelzbock-Swag, den man ein wenig uncool oder irre charmant finden, aber schlicht nicht leugnen kann. „Montana“ und „Higher Higher“ sind slicke, federleichte Discofunk-Schmeichler, die dadurch nicht schlechter werden, dass sie Pharrell alle Naslang aus dem Ärmel schüttelt.

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Und „Say Something“, ein Duett mit dem Nashville-Star der Stunde, Chris Stapleton, löst tatsächlich das Versprechen der Platte ein. Es ist ein im engen Wortsinn gro­ßer Popsong, der keine sinnvollen Worte braucht, um seine Botschaft zu transportieren, um kurz ein wenig Einigkeit zu simulieren. Dazwischen ist sehr viel Mittelmaß, auf allen Ebenen. Mittelmaß und Justin Timberlake aber gehen schlecht zusammen. Wenn er in dem, was er tut, nicht brilliert, wirkt er plötzlich ein wenig albern, traurig fast. Das steht ihm nicht. Sein Vermächtnis als einer der wenigen wahrhaft großen Unterhalter seiner Generation aber schädigt MAN OF THE WOODS dennoch nicht. Dafür steckt zu viel aufrichtiger Musiker in diesem Kerl aus den Wäldern.

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