Kelan Philip Cohran & The Hypnotic Brass Ensemble :: Kelan Philip Cohran & The Hypnotic Brass Ensemble

Der beinahe 85-jährige Afro-Jazz-Visionär hat ein Album mit seinen Söhnen aufgenommen: kraftvolle, emblematische Blasmusik.

Die Geschichte des Jazz wird ja immer mal wieder als Chronik derjenigen beschrieben, die außerhalb vorgegebener Bahnen denken und spielen – im Vergleich zu der in schöner Regelmäßigkeit neu durchformatierten Popmusik. Und wenn das auch einem Hang zur Selbstbeweihräucherung geschuldet sein sollte, der Jazzmusiker später zu erlahmender Reproduktion von Großtaten verführte, für Sun Ra und sein Myth Science Arkestra gilt das Wort für alle Ewigkeit; er kreiste mit seinen Kompositionen freischwebend um noch nicht erforschte Klang-Gestirne. Kelan Philip Cohran gehörte Sun Ras Arkestra Anfang der 1960er an, er war derjenige, der den Sound einer Zither in Ras Black Space schickte und mit dem Frankiphone, einem verstärkten afrikanischen Daumenklavier, in seine eigene Band zurückkehrte, das Artistic Heritage Ensemble in Chicago. Auf seinen Alben suchte Cohran eine Art transzendentale Meditation zwischen Afro-Jazz, Blues und Soul, angesiedelt in der Aufbruchstimmung der späten 60er, verewigt in einem Song für den Bürgerrechtler Malcolm X. Die vor nicht langer Zeit veröffentlichte Singles-Box mit Aufnahmen aus den späten 1960ern bezeugte, dass der Visionär Cohran und sein Kollektiv das Freispiel um Bläser, Gitarren und Beats auch auf der Kurzstrecke mit 45 Umdrehungen beherrschten, mit deutlich mehr Groove als Sun Ra übrigens. Wenn Cohran, bald 85, jetzt ein Album mit seinen acht Söhnen aufgenommen hat, die unter dem Logo Hypnotic Brass Ensemble schon ihre eigenen Spuren bis in HipHop und R’n’B hinterlassen haben, darf man keine Neudefinition des Afro-Jazz erwarten. „My music – their band“, so hat Cohran das Mehrgenerationen-Projekt schlicht bezeichnet. Einige der Tracks sind schon vor Jahrzehnten geschrieben worden. Man hört Cohran an Zither und Frankiphone („Ancestral“), Harfe und Waldhorn („Spin“, „Zincali“), seine wunderbar mäandernden Kompositionen gewinnen im knochentrockenen Ensemblesound (Trompeten, Sousaphon, Euphonium, Bass und Drums) etwas Emblematisches, ungeheuer Kraftvolles. Hypnotisch ist das vielleicht nicht, aber es werden die Konturen einer Blasmusik erkennbar, die sich zwar ihrer Vorgeschichte erinnert, im selben Moment in den eigenen Texturen aber neu bestimmt – außerhalb vorgegebener Bahnen.

Key Tracks: „Ancestral“, „Spin“