LAUSCHGIFT

The Rolling Stones

Exile Oft Main Street (1972)

Sex’n’Drug’n’Rock’n’Roll? „We’ve invented it all“, pflegt Keith Richards zu lallen, wann immer er die magischen Worte hört. Perfektioniert haben die Stones ihr Können in allen drei Disziplinen bei den Aufnahmen zu diesem narkotischen Meisterwerk. Der Überlieferung zufolge sollen sich dabei in Südfrankreich Szenen abgespielt haben, gegen die sich Sodom und Gomorrha wie ein Kindergeburtstag ausnehmen.

Grateful Dead

Aoxotnoxoa (1969)

Weirs Gitarrenspiel hat keinen Biß, Leshs Baß rockt nicht, Organist Pigpen weiß gar nicht, was gespielt wird, Hart und Kreutzmann hocken aufgelöst hinter ihren Drums, Garcia nölt herum, und alle sind sie bis unter die Schädeldecke voll mit Acid. Aus Sicht von Captain Trips und seinen Jungs herrschen geradezu ideale Bedingungen für einen neuen Vorstoß in psychedelische Galaxien, wo sie Hymnen an die Sonne singen und pseudoägyptischen Gottheiten huldigen.

Motörhead

No Sleep Til Hammersmith (1981)

„Vielen Dank an Smirnoff und Carlsberg, ohne deren Hilfe einiges von dem Zeug hier Sinn machen würde.“ Nie ward Ehrlicheres auf einer Plattenhülle zu lesen als auf dem Live-Dokument der Dreierbande um den Quartalssäufer Lemmy Kilmister. Der ließ einst in einem Interview mit dem medizinisch hochinteressanten Detail aufhorchen, er habe 15 Jahre am Stück im Tran verbracht.

The Velvet Underground & Nico

The Velvet Underground & Nico (1967)

Als Lou Reed sich „wie Jesus Sohn fühlte („Heroin“), den Dealer herbeisehnte („l’m Waiting For The Man“), Nico auf „All Tomorrow’s Parties“ kokste und John Cales verzerrte Viola „The Black Angel’s Death Song“ wie ein Requiem aus der Hölle klingen ließ, war klar: Im Velvet Underground ist für Spaß kein Platz. Das Debütalbum tönte denn auch wie die musikalische Untermalung mitternächtlicher Jungfrauenopfer in düsteren Riesenlofts – einfach großartig also.

Syd Barrett

The Madcap Laughs (1970)

Vom schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn ist kaum jemand mit solcher Wucht in die Schluchten der Umnachtung gestürzt wie der Gründer und Kopf von Pink Floyd. Syd Barrett warf nun wirklich jede Droge ein, derer er habhaft werden konnte, flog deshalb schon nach dem ersten Floyd-Album in hohem Bogen aus der Band, landete in einer Nervenklinik, nahm zwei Soloalben auf und verkroch sich – völlig durchgeknallt – in ein Schattenreich, in dem sich seine Spur verlor.

Bob Marley & The Wailers

Rastaman Vibration (1976)

Was war das für ein Feixen im Plattenladen: „Diese Hülle eignet sich bestens, um Kräuter darauf zu säubern,“ stand da auf der Coverrückseite zwischen Produzentencredit und Bibelzitat. Kräuter also, aha, na ja. Wieviele Möchtegern-Rastas zu Hause Marleys Hinweis folgten, ist nicht überliefert.

The Stooges Funhouse (1970) Funhouse? Iggy Pop und seine Kumpane hätten diese musikalische Prä-Punk-Splitterbombe besser „Drugstore“ genannt. Nach den als Studiosessions getarnten Kettensägenmassakern an Drums, Gitarren und allerlei Studioequipment, zu denen Iggy seinen „LA Blues“ röhrte, trat jedenfalls erst einmal die komplette Truppe zur Entziehungskur an. Mit wenig durchschlagendem Erfolg allerdings. Erst Mitte der Achtziger meldete sich Herr Pop drogenfrei.

Monster Magnet

Dopes To Infinfty (1993)

Dave Wyndorf in der Freizeit: erst ein paar illegale Substanzen einwerfen und dann drei überdimensionale Stereoanlagen in Betrieb nehmen, aus denen gleichzeitig und in voller Lautstärke a) Hawkwind, b) Led Zeppelin und c) eine x-beliebige Grungeplatte dröhnen. Dave Wyndorf bei der Arbeit: erst ein paar illegale Substanzen einwerfen, anschließend eine „wall of sound“ zum Bersten bringen und das Ganze z. B. „Negasonic Teenage Warhead“ nennen.

Witthüser & Westrupp

Trips & Träume (1971)

„Don’t bogart that Joint, my friend“? Die Zeit war hart zu Beginn der siebziger Jahre, und manch ein Rocker nicht gerade polyglott. Da war es für die Kiffergilde deutscher Provenienz ein Segen, daß Bernhard Witthüser und Walter Westrupp sagten, was Sache ist. Denn bevor die beiden Multi-Instrumentalisten auf späteren Werken über Jesuspilz“, „Bauer Plath“und anderes abgefahrenes Zeug zu räsonieren begannen, ging es auf ihrem Debütalbum erst mal nur um das eine: „Nimm doch einen Joint, mein Freund.“ Keine Frage: Manch einer, der heute hohe Ämter bekleidet, hat damals dieser Aufforderung völlig freiwillig Folge geleistet.

Neil Young

Tonight’s The Night (1975) Alle Warnungen hatten sie in den Wind geschlagen. Da schlug das Schicksal erbarmungslos zu: Binnen weniger Wochen starben Gitarrist Danny Whitten und Roadie Bill Berry an einer Überdosis Heroin. Der große Neil Young gedachte seiner beiden Freunde auf seine Weise. Er betrank sich mit den Hinterbliebenen Mitgliedern von Crazy Horse, holte den talentierten Gitarristen Nils Lofgren dazu, und gemeinsam spielten sie diesen unsagbar traurigen Songzyklus ein. Eine Platte, die nach ihrem Erscheinen Fans und Kritiker zunächst irritierte, inzwischen aber längst als Monolith dasteht. Seltsam aber wahr: So schön kann Trauer klingen.