Led Astray – The Folk & Blues Roots Of Page & Plant :: Beklaut

Wer zu spat kommt, den bestraft laut Herrn Gorbatschow ja offenbar das Leben. Mag sein, wer aber zu früh kommt, kriegt eins von Led Zeppelin übergebraten. Was jetzt nicht als Zweideutigkeit gemeint ist, sondern jene armen Musiker betrifft, die einen Song komponierten, der später von den britischen Hardrockern gecovert wurde. Die nahmen es mit korrekten Autorenangaben und Tantiemenzahlungen nämlich nicht immer so genau. Aus einer Willie Dixon-Vorlage wurde mal eben ein Jimmy Page-Original. Fremde Federn nennt man so was, man kann auch Beschiss dazu sagen. Denn Kohle sahen Leute wie Dixon, Howlin’Wolf oder Bert Jansch natürlich nicht (oder erst nach langwierigen Prozessen), während Page, Plant, Jones und Bonham zu satten Millionären wurden. Die Opfer oder ihre Erben, meist schwarz, alt und in urheberrechtlichen Dingen alles andere als bewandert, hatten gegen ein ausgefuchstes Management-Schwergewicht wie Peter Grant kaum eine Chance, sofern sie überhaupt mitbekamen, was da in England gespielt wurde: „Led who?“ Ganz schön nassforsch eigentlich, und ein guter Grund, Led Zeppelins Verdienste zu relativieren. Wer die Beutekunst im Original bewundern will, dem bietet LED ASTRAY 16 Folkund Blues-Songs, die zwischen 1927 und 1970 aufgenommen wurden. Wobei deutlich wird, dass die Abgezockten keine Wald- und Wiesen-Mucker von irgendeiner abgelegenen Farm in Oklahoma waren, sondern in ihrer Zeit prominente Hochkaräter. Namen wie Blind Willie Johnson, Sleepy John Estes, Willie Dixon oder Robert Johnson sprechen für sich. Muddy Waters ist gleich zweimal als Interpret vertreten, wobei „You Need Love“ (vergleichen Sie es mal mit „Whole Lotta Love“) und „You Shook Me“ von Willie Dixon komponiert wurden. Hörenswert auch Bert Janschs „Black Waterside“, das als „Black Mountain Side“ zur Page-Komposition reifte. Klar, heißt ja auch ganz anders, gell Jimmy? Trickreich auch der Versuch, Howlin’Wolfs „Killing Floor“ mit Textzeilen von Robert Johnson zu versehen, um das Ganze dann erstaunten Hippies als frivole Eigenkomposition namens „The Lemon Song“ zu verkaufen. Fast wär’s niemandem aufgefallen. Bemerkenswert ist, dass nahezu alle Originale auch ohne Plants Vokalakrobatik, ohne Pages Virtuosität und ohne Bonhams Powerplay bestens funktionieren – von Joan Baez‘ Interpretation des Traditionais „Babe l’m Gonna Leave You“ mal abgesehen. Da ist die Zep-Variante wirklich viel intensiver.